Der Erfolg ist ihnen wahrlich nicht in den Schoß gefallen: Doch King’s X haben sich davon nicht beeindrucken lassen und ihre Ziele weiter konsequent verfolgt. Nun ernten sie doch noch die Früchte der harten Arbeit, wie ihre aktuelle DVD LIVE LOVE IN LONDON beweist.
Das amerikanische Rock-Trio King’s X gehört zu den vergleichsweise seltenen Fällen, in denen sich Kritikerlob und Fan-Verehrung nicht mit der kommerziellen Bedeutung decken. Die Herren Ty Tabor (Gitarre, Gesang), Doug Pinnick (Bass, Gesang) und Jerry Gaskill (Schlagzeug) genießen einerseits Kultstatus, leiden aber unter spärlichen Verkaufszahlen und nur mittelmäßig besuchten Tourneen. „Es gab Jahre, in denen ich von diesem Umstand frustriert war und alles hinwerfen wollte“, gesteht Pinnick, „doch diese Zeiten sind gottlob vorüber. Heute weiß ich, welches Juwel wir mit King’s X in den Händen halten und bin deshalb voller Optimismus, dass uns noch einige grandiose Scheiben gelingen werden.“
Dabei: An Qualität hat es dieser Formation selten gemangelt. Veröffentlichungen wie GRETCHEN GOES TO NEBRASKA (1989) oder FAITH HOPE LOVE (1990) gelten als Inbegriff des guten Geschmacks, voller Empathie komponiert und mit Esprit und Dynamik eingespielt. Weshalb also der nur verhältnismäßig durchwachsene Käuferzuspruch? Die fehlende Hitsingle, kaum Radio- und Fernsehpräsenz, dazu einige unverständliche Managemententscheidungen (als Support von AC/DC war die Band 1991 vollkommen deplatziert) – so ganz genau lassen sich die Fehlerquellen nicht analysieren.
„Musik ist generell immer eine Abenteuerreise“, philosophiert Pinnick und blickt dabei mit einem Auge auf die aktuelle DVD seiner Band, ein kleines Prachtwerk namens LIVE LOVE IN LONDON, das dem Titel entsprechend in der englischen Metropole aufgenommen wurde und King’s X als vitale Band an der Schnittstelle zwischen Prog- und Groove Rock zeigt. „Die Band verändert sich ständig, anfangs waren unsere Kompositionen komplexer und verschachtelter, heute lieben wir geradlinige Nummern, die das Publikum direkt anspringen. Vielleicht hätten wir damit früher beginnen sollen.“
Diese Erkenntnis ist laut Pinnick der größeren Erfahrung aller Beteiligten geschuldet. „Es ist wie in einer Ehe“, schmunzelt er. „Man liebt sich, man hasst sich, man wird älter und weiser und bekommt einen besseren Einblick in den Gang der Geschichte. 1988 waren wir noch vollkommen naiv, wussten wenig und dachten, nichts könne uns aufhalten. Heute ist uns klar, wie schwierig das Musikgeschäft ist – und doch stellen sich auch nach und nach die kleinen Erfolge ein, weil wir wissen, wie wir es anstellen müssen.“
Zu denen gehören die regelmäßig gut besuchten Konzerte in London, der Grund, weshalb King’s X ihre DVD unbedingt hier aufnehmen wollten. „In London spielten wir 1988 unsere allererste ausverkaufte Show. Wir hatten zuvor in Amerika vor verhältnismäßig kleinem Publikum gerockt und be-fürchteten, dass uns in Europa überhaupt niemand sehen wollen würde. Doch dann kamen wir auf die Bühne, der Laden war randvoll, und die Leute drehten förmlich durch. Ich weiß noch, wie geschockt und gleichermaßen begeistert wir waren.“