Vergangenheitsbewältigung, schön reduziert.
So einiges hat sich getan im Leben von Justin Townes Earle. Der Wechsel der Plattenfirma nach fünf Alben für den Indie Bloodshot Records war dabei das Unwichtigste. Viel signifikanter: Schon seit 2010 lebt der Sohn von Country-Rock-Evergreen Steve Earle abstinent. Letztes Jahr heiratete er, bezeichnet sich als glücklich. Beraubt das den 32-Jährigen, dessen bisheriges Werk schließlich vornehmlich aus hundeäugig-reuigen (Selbstan-)Klageliedern über zu viel Alkohol, Drogen und die zahlreichen ihn nach kurzen, stürmischen Beziehungen allein lassende Ladies bestand, womöglich aller Dämonen? Wie klingt ein sesshaft gewordener, ausgenüchterter JTE? Längst noch nicht sonnig und happy. Aber der Sturm und Drang früherer Alben ist auf SINGLE MOTHERS (Earle Senior verließ die Familie, als Justin Townes zwei Jahre alt war) einer rückblickenden Was-wäre-wenn-Me-lancholie gewichen. Frühere Country/Bluegrass-Ein-flüsse sind inzwischen vollständig von reduziertem Zeitlupen-Blues verdrängt worden, als streife Earle bewusst alles Überflüssige ab, um zu seinem Kern als Songwriter vorzudringen. Was letztlich heißt: SINGLE MOTHERS hält zwar den hohen Level, für den Earle schon 2009 mit dem Americana-Award (damals als bester Newcomer) ausgezeichnet wurde, aber es fehlt ein echter Aufreger.