Als die Rolling Stones beim Londoner Hyde Park Konzert im Juli 1969 ihr Live-Comeback feiern wollten, aber auch ihrem wenige Tage zuvor unter seltsamen Umständen verstorbenen Gründer Brian Jones Tribut zollen mussten, stand als Auftakt ein ganz besonderer Song auf dem Programm – ein wahres Blues-Inferno im manischen Slide-Gitarren-Rausch: Johnny Winters verschlepptes ›I’m Yours & I’m Hers‹ aus dem seinerzeit gerade erschienenen Major-Debüt des weißhäutigen Texaners bot Stones-Neuzugang Mick Taylor eine ideale Plattform seiner virtuosen Künste. Für Johnny Winter eine Adelung, die dem damals 25-Jährigen bei seiner weltweiten Etablierung ungemein half. Vor allem die präzise Blues-Authentizität im Gespann mit Schlagzeuger „Uncle John“ Turner und Bassist Tommy Shannon auf JOHNNY WINTER, nach The Progressive Blues Experiment auf einem texanischem Lokallabel eigentlich schon das zweite Werk des seit 1959 aktiven Musikers, macht Staunen. Seien es nun die selbstkomponierten Paradestücke wie ›Dallas‹ und ›Leland Mississippi Blues‹ oder aber unglaublich intensive Coverversionen wie ›Good Morning Little School Girl‹ von Sonny Boy Williamson, Robert Johnsons ›When You Got A Good Friend‹, Lightnin’ Hopkins’ ›Back Door Friend‹ oder ›Be Careful With A Fool‹ von B.B. King. Ebenso brillant, aber dank Mithilfe von Bruder Edgar Winter wesentlich vielseitiger, geriet ein Jahr später SECOND WINTER, das als Doppel-LP mit nur drei bespielten Seiten in die Rock-Annalen einging. Im Gegensatz zum puristischen Vorgänger offerierte der spannungsgeladene Progressive Rock mit fünf Eigenkompositionen, darunter die Glanzlichter ›I’m Not Sure‹ und ›Hustled Down in Texas‹, ein wesentlich breiteres Spektrum. Wie Kollege Joe Cocker gelingt es Winter, unverwüstliche Rock-Klassiker wie Little Richards ›Miss Ann‹, Chuck Berrys ›Johnny B. Goode‹ und Bob Dylans ›61 Highway Revisited‹ so zu interpretieren, als stammten sie aus eigener Feder.
JOHNNY WINTER: 8
SECOND WINTER: 8