„J.B.“ versus „J.B.“ – ein klares Unentschieden im Stelldichein der Saitenhexer aus zwei Generationen.
Wenige Tage zuvor sind sie beide noch bei Eric Claptons „Crossroads“-Gitarristenfestival in der Hitze Chicagos aufgetreten, nun finden sich Joe Bonamassa und Jeff Beck bei erneut deftigen Temperaturen im schwülen bayerischen Rekordsommer wieder. Der Himmel über dem Zelt im südlichen Olympiagelände, am Fuß der künstlichen Berge, droht den ganzen Abend über mit Gewitterwolken, die wirklichen Blitze aber zucken schließlich fast drei Stunden lang auf der Bühne: Die Veranstalter sind sich wohl nicht ganz einig, ob sie Bonamassa nun als Opening Act für Beck sehen oder ihn als gleichberechtiges Billing behandeln sollen. Am Ende gibt es einen Kompromiss: Der 32-Jährige, zusammen mit Doyle Bramhall II und Derek Trucks einer der aufstrebenden Stars unter den jungen amerikanischen Blues-Gitarrenhelden, muss sein Set zehn Minuten vor der offiziellen Showtime und mit leicht reduziertem Sound und Licht starten, bekommt aber gleich viel Auftrittszeit zugestanden.
Das Attribut vom „Eric Clapton der neuen Gene-ration“, das man ihm im Festivalprogrammheft an-gepappt hat, passt nicht recht: Der Beau aus Utica im Staate New York ist ein fröhlicher Poser vor dem Herrn – ein extrovertierter Gegentyp zum introver-tierten Clapton. Mit dem hat er zwar – wie in den 75 Minuten seines Münchner Auftritts bestaunt wer-den kann – die Virtuosität gemeinsam, ansonsten aber ist er musikalisch durchaus anders gepolt: Bonamassa spielt Bluesrock mit der Betonung auf „Rock“, mit einem Temperament, das deutlich von seinem Kindheitshelden Stevie Ray Vaughan ge-prägt ist; vom Ton her erinnert er in München oft an Gary Moore. Dass man ein Solo auch durch Pausen gestalten kann, interessiert ihn eher weniger. Doch während es am Anfang eher eine (wenngleich be-reits durch Bonamassa-T-Shirts erkennbare) Min-derheit ist, die mit der Musik des Amerikaners vertraut scheint, hat er spätestens mit seinem Trademark-Song ›Sloe Gin‹ auch die Beck-Fans auf seiner Seite.
Der Altmeister selbst erscheint nach der Umbaupause braungebrannt, bestens gelaunt und mit einem Trio aus den Hochkarätern Jason Rebello (Keys), Narada Michael Walden (Drums) und der feurigen Bass-Amazone Rhonda Smith auf der Bühne. In seinem energetischen – und durch die Vorgaben des Kreisverwaltungsreferats auf 75 Minuten begrenzten – Set präsentiert er sich nicht nur als Mann der 1000 Tricks und Soundeffekte: Er ist musikalisch auch eine Art Dr. Jekyll und Mr. Hyde, der in den Uptempo-Stücken seine Blueswurzeln und mitunter auch unser bekanntes Harmoniesystem verlässt, um auf seinen weißen Stratocastern in einem Paralleluniversum aus Feedback-Feuerwerken von einem Rockstern zum nächsten Fusionplaneten und wieder zurück zu jagen. Und der in seinen hochmelodiösen Instrumentalfassungen von Klassikern wie ›People Get Ready‹, ›Somewhere Over The Rainbow‹ und ›A Day In The Life‹ dann aber unvermittelt wieder den sensiblen Saitenstreichler gibt. Vor der Bühne drängen sich die lokalen Gitarristenkollegen mit hängenden Unterkiefern – doch weiter hinten im gut gefüllten Zelt rufen die zirkusreifen Darbietungen aber auch die eine oder andere ratlose Verblüffung hervor.