Wenn eine Band wie der beste Musikfilm aller Zeiten heißt und nach dem Soundtrack des anderen besten Musikfilms aller Zeiten klingt, sind Fragen angebracht. Vor allem, wenn besagte Band aus Hannover stammt und dabei amerikanischer klingt als manche „echte“ Americana-Band. Tatsächlich wäre die Musik des High-Fidelity-Debütalbums COME RAIN OR SHINE gut in „Almost Famous“ aufgehoben. Aber auch als Soundtrack für atmosphärisches Kopfkino taugt sie sehr gut.
Das Longplay-Debüt von Thomas Wisniewski, Moritz Haak, Nils Meyer und Sven Braun ist keineswegs auch ihr Studio-Debüt. Nach einer EP 2018 erschienen 2019 und 2020 fünf Singles als Wegbereiter für das Album. Dass es aller Wahrscheinlichkeit nach zum Trotz während einer Pandemie-Hochphase im „Institut für Wohlklangforschung“ Hannover entstanden ist, ist Folge einer glücklichen Fügung, wie Thomas Wisniewski erzählt. Der angehende Doktor deutscher Literatur, sonst nicht um starke Worte verlegen, sucht nach der passenden Beschreibung. Es gehe zurück auf einen „magischen Moment“, sagt er schließlich fast verschämt. Nach zwei Monaten des absoluten Stillstands habe man ein Livekonzert gestreamt, noch nicht mal mit viel technischem Aufwand. „Manchmal ist es einfach so, man hat einen ganz okayen Sound … und es passt einfach alles.“
Das sah und fühlte ein Hannoveraner Geschäftsmann im virtuellen Publikum offenbar auch. Er bot an, ein Album zu f inanzieren. Das Vertrauen in ihre Kunst nahmen die vier Anfangsdreißiger als Ansporn, alle Entscheidungen im Hinblick auf größtmögliche Authentizität zu treffen. „Wir haben bis auf den Gesang und ein paar Soli das meiste live eingespielt – einfach, weil man das in der Zeit, aus der unsere Musik stammt, so gemacht hat, weil die Musik leben muss.“ Den Verzicht auf digitale Segnungen der Studiotechnik und den Mehraufwand akribischer Proben habe man gerne in Kauf genommen: „Wer handgemacht sagt, der muss auch von Hand liefern“, lacht er. Ebenso „von Hand“ will man die Scheibe unter die Fans bringen; Hilfe von einer Plattenfirma haben die vier nicht.
So wurde ihnen aber auch nicht reigeredet. „Tatsächlich werde ich oft gefragt, warum ich auf Englisch singe“, sagt Thomas Wisniewski. „Ich habe deutsch-polnische Eltern und bin zweisprachig aufgewachsen“, sagt er, „Englisch kam sehr früh als dritte Sprache hinzu.“ Die bilinguale Erziehung habe ihm geholfen, sich selbstverständlich in einer anderen Sprache auszudrücken. „Außerdem sind meine Texte oft sehr intim.“ Englisch hat einen wunderbaren Sprachfluss beim Singen. Die Sprache des Pop helfe ihm ähnlich wie ein Lyrisches Ich, sich den eigenen Gefühlen zu nähern und sie zu erzählen. „Am Ende fühlt es sich einfach richtig, sehr natürlich an.“ (Text: Christoph Ulrich)