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HiRock Festival Loreley: Loreley Freilichtbühne, St. Goarshausen

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HiRock Festival Loreley: Loreley Freilichtbühne, St. Goarshausen

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Hi-Rock_Impressionen @ Marc Hansen (2)Love, Peace & (HI) Rock’n’Roll

Freitag, 31.05.2013, die Ruhe vor dem Sturm

Es ist ruhig. Viel zu ruhig für den Vortag eines Festivals, als die Vorhut der Classic Rock Redaktion durch das Rheintal bei einem malerischen Sonnenuntergang fährt. Keine Verkehrsstaus, keine Berge von leeren Bierdosen an den Rastplätzen entlang der Weinstraße und auch keine grölenden Menschen bei der Ankunft in St. Goarshausen. Findet hier morgen wirklich ein Rockfestival statt?! Von anderen Veranstaltungen ist man diese fast schon gespenstische Friedlichkeit nicht gewohnt. Beim Bummel durch den Ort unterhalb der Loreley wird schnell klar, dass das Hi Rock einen anderen Geist atmet den der Begeisterung für Musik! In einer kleinen Weinkneipe diskutiert eine Gruppe über die großen Heldentaten von Whitesnake und Journey, die im Vorfeld des Festivals die Positionen von Headliner und Co-Headliner tauschten. Auf der anderen Straßenseite tummeln sich Steve-Lukather-Fans, die es gar nicht erwarten können, ihren Gitarrengott am Folgetag live zu erleben. Und der Chef eines Hotels erzählt von den großartigen Konzerten, denen er schon auf der Freilichtbühne lauschte.

Hi-Rock_FM @ Marc HansenSamstag, 01.06.2013, Summertime Blues

Bei der ersten Zigarette des Tages und einem Blick über den Rhein macht sich etwas Ernüchterung breit: Das postkartenmäßige Wetter pausiert heute und die Büsche an der Uferpromenade sind vom Wasser sprichwörtlich verschluckt worden. Zum Glück gibt es noch genügend freie Zufahrtsstraßen, damit Fans, Bands und der Rest der Classic Rock Redaktion rechtzeitig zum Kick Off des Festivals mit FM auf dem legendären Konzertgelände ankommen. Die Combo um Sänger Steve Overland eröffnet ihr Set mit ›Tough Love‹ und lässt keinen Zweifel aufkommen, dass sie der perfekte Eröffnungsact für den AOR Tag des HiRocks sind. Obwohl FM hierzulande immer noch als Geheimtipp gelten und viele der Anwesenden zwar den Namen, aber keine Songs der Band kennen, ernten die Londoner mehr als nur höflichen Applaus. Spätestens bei ›That Girl‹ groovt das sich immer noch füllende Rund bis in die letzten Reihen. Beim anschließenden Meet & Greet am Classic Rock Stand sind die Musiker von den Reaktionen immer noch derart überwältigt, dass sie eine baldige Rückkehr nach Deutschland versprechen. Die Umbaupause vor dem Auftritt von Rick Springfield bietet sich perfekt für einen ersten Bummel über das Gelände an. Mit moderaten Bierpreisen von 3,50 € für eine 0,4l Gerstenkalt- schale, einem Essensangebot, welches deutlich über dem Qualitätsstandard anderer Festivals liegt, sauberen Sanitäranlagen und sehr freundlichem Sicherheitspersonal ist auch abseits der Bühne von Veranstalterseite an die Fans gedacht worden.

Als der ewig jugendliche Rick Springfield unter das Zeltdach der Loreley tritt, drängen sich vornehmlich weibliche Rockerinnen dicht an dich vor dem gebürtigen Australier. Rick lässt angestachelt von so viel Östrogen ordentliche Testosteronwolken in Form von Hüftschwüngen, Gesten und Blicken fliegen. Springfield begeistert jedoch nicht nur die anwesenden Mädels, sondern auch die von ihren Eltern mitgebrachten Kids, die bis zu einem Alter von 12 Jahren kostenlos das HiRock besuchen durften. Ein Junge, der von dem ehemaligen General-Hospital-Schauspieler scherzhaft „The kid with no name“ genannt wird, darf auf der Steinbühne zusammen mit ihm den Beginn von ›Don‘t Talk To Strangers‹ intonieren. Zwischen den Songs gibt Rick den großen Entertainer ob mit witzigen Ansagen, kleinen Anekdoten oder dem schieren Anstacheln des Publikums. Springfield gehört auch oder gerade wegen seiner inzwischen 63 Lenze zu den ganz Großen des AOR. Als bei ›Jessie‘s Girl‹ die obligatorische Rosenstraußzerflederung auf der Gitarre des „Californication“-Gaststars ihren Höhepunkt nimmt, möchte man eigentlich noch mehr von dem sympathischen Rocker sehen, der von den immer schlechter werdenden Wetterverhältnissen vorzüglich ablenkt.

Den nachfolgenden Survivor fällt es zu Beginn etwas schwer, die Stimmungskurve von Herrn Springfield zu halten. Zu Hüftsteif agiert die Band während der ersten Stücke. Jedoch haben die Chicagoer seit ein paar Monaten ein As im Ärmel, von dem viele andere Acts aus den 70s und 80s nur träumen können: Am Mikrophon steht neben Jimi Jamison der zurückgekehrte Dave Bikler, der den größten Hit der Band ›Eye Of The Tiger‹ einsang. Diese Konstellation an der Bühnenfront bringt die nötige Abwechslung und gleichzeitig bei vielen Fans in den hinteren Reihen eine ordentliche Portion Verwirrung, denn was Haarschnitt, Farbe der Jeans, des Hemds und des Shirts darunter angeht, sehen sich die beiden aus der Distanz zum Verwechseln ähnlich. Performancetechnisch spielen Survivor an diesem Abend auf sehr hohem Niveau. Mit dem Einzug des finalen Hitquartetts, bestehend aus ›The Search Is Over‹, ›I Can‘t Hold Back‹, ›Burning Heart‹ und ›Eye Of The Tiger‹, kocht die Steintribüne – inklusive eines zu diesem Zeitpunkt ca. 4000 Kehlen starken Background- chors. Angestachelt von so viel Enthusiasmus wirft sich die Gruppe, die Filmklassikern wie „Rocky“ III & IV oder „Karate Kid“ großartige Themensongs bescherte, noch einmal richtig ins Zeug und packt die ein oder andere Rockstar-Pose aus. Zur großen Freude ihrer Anhänger lassen es sich Survivor nach der Show nicht nehmen und schreiben am Classic Rock Stand geduldig Autogramme, lassen Fotos mit sich schießen und zeigen, dass man trotz einiger Welthits im Gepäck eine Band zum Anfassen sein kann.

_Hi-Rock_Toto @ Marc HansenLangsam wird es unangenehm kalt auf der Loreley, als ein Banner im Bühnenhintergrund gehisst wird, das für eine der perfektesten Liveacts der Popgeschichte steht: Die Bandmitglieder von Toto sind neben ihren eigenen Scheiben auf rund einer halben Milliarde (!!!) Tonträgern vertreten unter Anderem auf einem der erfolgreichsten Alben aller Zeiten, Michael Jackson‘s THRILLER, zu dem sie neben den Instrumentalspuren auch die Komposition ›Human Nature‹ beitrugen. Bei leichtem Nieselregen steigt die Gruppe um den stets gut gelaunten Steve Lukather mit ›On The Run‹, in welches Auszüge von ›Child‘s Anthem‹ eingearbeitet werden, in ihr gut zweistündiges Set ein. Wie auf der letztjährigen Open Air Tour der 1977 gegründeten Kalifornier springt der Funke sofort auf das inzwischen zu einer stattlich Menge angewachsene Auditorium über. Toto verstehen es wie niemand sonst, einen derart positiven Vibe zu transportieren, dass man beim Blick ins Rund nur in lächelnde Gesichter blickt. Ein weiteres Novum des Virtuosenclubs um Keyboarder David Paich ist die Tatsache, dass es bis auf die obligatorischen Hits in der Seitlist nicht darauf ankommt was sie spielen, sondern wie sie es spielen. In die Stücke werden kleine Jams und Versatzstücke anderer Künstler eingestreut, dass es einfach unglaublichen Spaß macht, diesen Ausnahmemuckern bei der Arbeit zuzusehen: Da herrscht offen- sichtlich blindes Verständnis. Angesichts dessen wäre es ein Unding, wenn die aktuelle Toto-Besetzung kein neues Album auf den Markt bringen würde. Als Lukather & Co. nach der Zugabe in Form von ›Home Of The Brave‹ von der Bühne gehen, ist es verdächtig windstill. Was in den nächsten Stunden über die Loreley hereinbricht, wird erst am kommenden Morgen klar…

Sonntag, 02.06.2013, Hard Rock 101

Die Suche nach der Shuttlebushaltestelle stellt einen Teil der Redaktion, die in St. Goarshausen übernachtet, vor ein Rätsel: „Wir haben doch gestern nicht so viel getrunken, das wir den Weg nicht mehr finden?!“ Mit zielsicherem Blick entdeckt Kollege Schmitz den letzten Zentimeter des Haltestellendachs aus dem Rhein ragen…nach einer ca. 45 minütigen Suche nach dem Ersatzstopp sind wir wieder „Back On The Rockin‘ Horse“ bei herrlichem Sonnenschein. Dieser schwebt allerdings in derber Gefahr, denn H.E.A.T Sänger Eric Grönwall führt einen Regentanz auf, dass man wirklich schon eine Sintflut über die Freilichtbühne hereinbrechen sieht…die einhellige Meinung zu dieser „Choreograf ie“ wird von Redaktionsleitung Simone auf den Punkt gebracht: „Was soll das?!“ Wenn man jedoch dieses Gezappel ausblendet, liefern die Schweden eine solide Vorstellung ab. Ihre netten, an 80s AOR bzw. Mainstream Hard Rock angelehnten Stücke sind ein kurzweiliger Einstieg in den heutigen Konzerttag, der kurze Zeit später seinen ersten Höhepunkt in Form der Black Star Riders findet No Nonsense Hard Rock at its best! Die Coolness, die die letzte Thin-Lizzy-Inkarnation ausstrahlt, sucht auf dem gesamten Festival Ihresgleichen. Ricky Warwick trägt einen schwarzen Cowboyhut und mimt gelassen die Frontsau, Marco Mendoza post von links nach rechts über die Bühne und Scott Gorham braucht sich nicht groß zu bewegen, denn er ist Scott Gorham. Mit einem Mix aus neuen Stücken ihres Debüts ALL HELL BREAKS LOSE und Thin-Lizzy-Werken steht das nächste große Ding des Rocks auf den Steinen des Amphitheaters. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn diese Combo nicht in den nächsten 1-2 Jahren Arenen füllt. Bei der Signingsession unterhält Mendoza den kompletten Stand ob daran wohl ein vom Classic Rock kredenzter Energy Drink zu viel Schuld trägt?
Europe machen es sich nach diesem Hitfeuerwerk nicht gerade einfach, indem sie mit eher sperrigem Material ihrer Alben seit dem Comeback 2004 loslegen. Erste ausufernde Reaktionen erntet ›Scream Of Anger‹, gefolgt von der 1988er Granate ›Superstitious‹. Danach gibt es kein Halten mehr und Hits von THE FINAL COUNT- DOWN / OUT OF THIS WORLD und EUROPE heizen die Partystimmung noch mehr an. Die erfolgreichste schwedische Rockband hat sichtlich Spaß mit ihren Fans zu feiern. Als ›The Final Countdown‹ angestimmt wird, ist der Chor vom gestrigen Abend wieder gut bei Stimme und zu diesem Zeitpunkt schon um die 1.000 Menschen größer als 24 Stunden zuvor bei Survivor.

_Hi-Rock_Whitesnake @ Marc Hansen„Here‘s a Cov‘ for you“ oder so ähnlich könnte man die Ankunft von Whitesnake beschreiben. David Coverdale lässt sich stilecht in einer schwarzen Limousine durch den Backstagebereich kutschieren. Coverdale ist beim ersten Sichtkontakt blendend gelaunt. Um es vorweg zu nehmen: In den kommenden 90 Minuten wird er alle Zweifler der letzten Jahre, die mit Playbackvorwürfen auf die Legende eindroschen, Lügen strafen. Der Mann ist heute derart gut bei Stimme, das es eine wahre Freude ist, der Legende zu lauschen und zuzuschauen. Er wirft sich in Posen, die man so seit den golden Achtzigern nicht mehr von ihm auf einer Bühne sah und streut zwischen die Stücke seine manchmal doch recht plump wirkenden Ansagen mit so viel Charme ein, dass seine Performance zu einer Lehrstunde erste Güte wird so muss Hard Rock klingen und aussehen! Bei ›Here I Go Again‹ avanciert das Rund zur größten Karaokebar des gesamten Festivals. Dieser Song ist unkaputtbar. Whitesnake hätten den kurzzeitig geswitchten Posten als Headliner mehr als verdient!

Die Frage, die sich nach diesem Gig zwangsläufig aufwirft: werden Journey Coverdale und seinen Mitmusikern das Wasser reichen können? Die Antwort muss eindeutig mit „jein“ beantwortet werden. In Sachen „Wer betritt am coolsten das Festivalgelände“ bekommt Neal Schon eindeutig den Punkt: Voraus läuft ein riesiger Bodyguard, dann kommen Schon plus Verlobte, die nur halb so alt zu sein scheint wie die AOR-Koryphäe, gefolgt von einem weiteren Hünen, der Neals Gitarre trägt. Dabei hat der Mann, der neben Journey mit Bad English eine weitere Ausnahmeband in den Charts platzierte, ein Lächeln auf dem Gesicht, welches mehr als nur ansteckend ist. Angekommen auf der Bühne, kracht er und der Rest vorzüglich mit ›Seperate Ways (Worlds Appart)‹ los. Allen voran hüpft der jüngste der Journey-Familie, Arnel Pineda, leichtfüßig über die seitlichen Mauern. Bei einem Blick ins Publikum wird jedoch schnell klar, dass viele HiRocker nach dem Auftritt von Whitesnake die Loreley bereits verlassen haben. Der Positionenwechsel war also ein Schuss in den Ofen! Der San-Francisco-Fünfer lässt sich davon jedoch wenig beeindrucken und brettert seine unsterblichen AOR Hymnen aus der ins Abendrot getauchten Freilichtbühne. Höhepunkt aber das war ja irgendwie schon im Vorfeld klar wird ›Don‘t Stop Believin‘‹, bei dem die noch verbleibenden Besuchern ein ordentliches Tanzbein schwingen.

Um kurz nach elf ist die erste Ausgabe des HiRock zu Ende und hinterlässt den besten Festivaleindruck der letzten Dekade: Friedliche Menschen, die ihre Musik feiern, keine Alkoholleichen auf dem Gelände und keinerlei Ausschreitungen lassen auf eine Neuauflage des Open Airs im nächsten Jahr hoffen. Vielerorts werden für 2014 Def Leppard, Mötley Crüe, Poison und Foreigner als Wunschkandidaten genannt, die alleine schon ein Garant für ein weiteres erfolgreiches HiRock sein dürften.

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