Helm auf, anschnallen und festhalten
Im hyperfragmentierten Musikkosmos von heute versucht zum Glück kaum noch jemand ernsthaft, neue „coole“ Genrebegriffe mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit zu etablieren. Anfang der 90er hingegen fielen Helmet zwischen alle Stühle, weil sie so gar nicht ins Grunge-Schema passen wollten, weshalb sie bisweilen in Schubladen wie „Mathcore“ oder „Smart Rock“ gesteckt wurden und ihnen sogar angelastet wurde, den Nu-Metal auf den Weg gebracht zu haben. Heutzutage muss sich Mastermind Page Hamilton nicht mehr mit solcherlei Bedenken herumplagen und kann einfach seine ganz eigene, wunderbar individuelle Interpretation von Rock raushauen. Und auf Helmets Neunter tut er das unverblümt und kraftvoll wie lange nicht mehr. Mit dem grandiosen Opener ›Holiday‹ stürmt LEFT unaufhaltsam aus den Boxen, bevor dann alle Stärken der Band genussvoll vorexerziert werden. Die einzigartig kantig-komplexe Riffarbeit, die gelegentlich ungewöhnlichen Tempi, der furztrockene und doch bombastische Sound, die fesselnden Melodieläufe … ›Bombastic‹, ›Big Shot‹ oder ›NYC Tough Guy‹ schlagen ein wie Granaten, ›Make-Up‹ und ›Tell Me Again‹ zeigen Hamiltons enormes Können auch im Midtempo-Bereich, und mit ›Powder Puff‹ liefert er am Ende ein Amalgam aus all seinen besten Zutaten ab, in einem Song, der zu seinen größten überhaupt gezählt werden darf. Dass der Mann Anfang 60 ist, würde man sicher nicht vermuten – Hut ab vor dieser von A bis Z gelungenen Platte!
8 von 10 Punkten
Helmet
LEFT
EARMUSIC/EDEL