Erst begeisternd, dann ernüchternd.
Einen besseren Anheizer als Pink Cream 69 können sich Helloween nicht wünschen. Mit ihren melodischen, knackigen Hymnen wie ›Children Of The Dawn‹, ›Talk To The Moon‹, ›Do You Like It Like That‹ oder dem unwiderstehlichen ›Keep Your Eye On The Twisted‹ herrscht bei den 2.500 Fans vom Start weg gute Stimmung.
Auch Stratovarius ernten wohlwollende Reaktionen. Oder jubeln die Fans nur dem von seiner Krebs-Erkrankung genesenen und topfit trommelnden Jörg Michael zu? Denn an der lauen, bewegungsarmen Performance der Frontleute kann es wirklich nicht liegen. Zudem versemmelt der – allerdings aufgrund einer Grippe geschwächte – Sänger Timo Kotipelto reihenweise seine Töne. Aber wenigstens die Songauswahl ist durchdacht.
Schon die geschmackvolle Lichtshow und der satte Sound machen anschließend deutlich, dass mit Helloween nun die Hauptattraktion auf der Bühne steht. Und die Kürbis-Rocker machen eine Stunde lang alles richtig. Helloween präsentieren sich wie eine Einheit, rennen sich gegenseitig fast über den Haufen, wirken extrem sympathisch-nahbar und steigen mit ›Are You Metal‹ und den beiden Klassikern ›Eagle Fly Free‹ sowie ›March Of Time‹ vehement ein. Andi Deris ist brillant bei Stimme und animiert pausenlos das Publikum, Markus Grosskopf schneidet wilde Grimassen, Dani Löble bearbeitet zu-gleich wuchtig und filigran seine Felle, Michael Weikath mimt den Coolen, und Klampfer Sascha Gerstner bietet eine energiegeladene Show. Und die beiden neuen mächtigen Songs ›Where The Sinners Go‹ und ›World Of Fantasy‹ entpuppen sich als absolute Höhepunkte.
Irgendwann schwenkt jedoch die anfängliche Be-geisterung etwas in Ernüchterung um. Warum spielen Helloween nur fünf Songs, die nicht von WALLS OF JERICHO und den ersten beiden KEEPER OF THE SEVEN KEYS-Alben stammen, also weniger als 25 Jahre auf dem Buckel haben? Evergreens hin oder her: Die Gruppe geht zu sehr auf Nummer sicher, möchte es offensichtlich jedem recht machen und weckt dabei den Anschein, als ob Helloween seither kaum noch brauchbare Nummern geschrieben hätten. Hinten raus und besonders bei ›Future World‹ übertreibt es Deris dann auch noch mit albernem Geplapper und endlosen platten Mitsingspielchen. Im Fußball gibt es für Zeitschinderei eine gelbe Karte, in Balingen leert sich merklich die Halle. Ein Konzert mit Licht und Schatten.
Text: Detlef Dengler