Nach seinem Soloalbum MAN IN MOTION hat sich Warren Haynes nun wieder mit seiner Band Gov‘t Mule zusammengetan. Auf SHOUT zeigen die Blues Rocker nicht nur, was sie selbst auf dem Kasten haben, sondern glänzen auch mit allerlei Gastsängern wie Elvis Costello und Glenn Hughes.
Es sind die spontanen Entscheidungen und kleinen Herausforderungen, die Warren Haynes besonders liebt. Mal nutzt der amerikanische Sänger und Gitarrist die Pause seiner Band Gov‘t Mule für ein Soloalbum (MAN IN MOTION) und huldigt den eigenen Soul-Helden. Dann wiederum sind es die Gastsänger, die für ihn das neue Album SHOUT der Blues Rock-Gruppe so außergewöhnlich und hörenswert machen. Denn illustre Namen wie Elvis Costello, Steve Winwood, Dr. John, Ben Harper, Toots Hibbert, Glenn Hughes, Myles Kennedy, Dave Matthews und Grace Potter findet man in dieser Dichte auf keiner anderen zeitgenössischen Veröffentlichung. „Alles fing mit der Idee an, die eine oder andere Strophe von einem Freund singen zu lassen“, erzählt Haynes, „doch je mehr diese Idee reifte, umso stärker empfanden wir es als Schande, solch grandiose Musiker nur bei einem Teil des jeweiligen Songs einzusetzen. Also entschieden wir: Zu jedem der elf neuen Stücke fertigen wir eine alternative Version mit Gastsängern an, die ihre jeweils eigene Interpretationsweise umsetzen dürfen.“
Elvis Costello beispielsweise singt das schroffe ›Funny Little Tragedy‹ – es scheint ihm auf den Leib geschneidert. Steve Windwood veredelt die Nummer ›When The World Gets Small‹ – und entwickelt dabei bemerkenswerte Rock-Prosa. Und Glenn Hughes legt auf dem Pink Floyd‘schen ›No Reward‹ seine Seele offen – so kennen wir den extravaganten Exzentriker, so lieben wir ihn auch. Warren Haynes jedenfalls ist in gleichem Maße restlos begeistert wie total verblüfft: „Es ist einfach unglaublich, wie unterschiedlich einige Nummern klingen, wenn der Gesang einen anderen Ansatz hat. Ich wüsste gar nicht, welche dieser alternativen Versionen mich am meisten begeistert, ich liebe sie einfach alle.“
Interessant ist auch, dass die eine Hälfte der Gäste älter ist als Haynes und zu seinen erklärten Vorbildern zählt, die andere Hälfte jedoch zum Teil deutlich jünger ist als er: „Es handelt sich um gute Freunde, um Vorbilder und um jüngere Künstler, die ich zurzeit besonders gerne höre. Eine tolle Mischung!“
In der Tat ist dieses ungewöhnliche Experiment gelungen. Man darf dennoch nicht vergessen, dass es ja auch die elf neuen originalen Gov‘t Mule-Stücke gibt, die Haynes, Schlagzeuger Matt Abts, Organist Danny Louis und Bassist Jorgen Carlsson aufgenommen haben. Songs, die allesamt die Extraklasse dieser Band dokumentieren und noch vielseitiger als die bisherigen Veröffentlichungen ausfallen. „Man kann sagen, dass Gov‘t Mule Schritt für Schritt variantenreicher geworden sind“, findet Haynes, „wir nehmen uns mittlerweile die Freiheit, alles zu spielen, was uns gefällt. So viele verschiedene Stile wie auf SHOUT findet man auf keiner unserer bisherigen Scheiben. Wer hätte eine solch umfangreiche Stilistik erwartet, als wir 1994 loslegten?“
Diese Frage wird sich der beleibte Musiker in den kommenden Monaten sicherlich noch öfter stellen. Denn im nächsten Jahr feiert seine Gruppe ihr 20-jähriges Dienstjubiläum und damit ihren Sieg über die Kurzlebigkeit des Musikbusiness. „Eigentlich war Gov‘t Mule lediglich als Sideprojekt zu meiner Tätigkeit bei den Allman Brothers gedacht, nur so zum Spaß und als kleines Experiment. Es gab keine weiterführenden Pläne und auch keine speziellen Erwartungen. Wir wussten anfangs nicht einmal, ob es überhaupt ein zweites Studioalbum geben würde. Aber nach und nach gewann die Band immer mehr an Bedeutung und heute kann ich mir ein Leben ohne Gov‘t Mule gar nicht mehr vorstellen.“ Klingt, als ob Haynes & Co. irgendwann auch ihr 30-Jähriges feiern werden.