Sämtliche Vorurteile gegenüber Indischem Kino als Bollywood-Kitschorgie aus Brokat und schmalzigen Emotionsstürmen fegt Regisseur Anurag Kashyap mit seinem insgesamt fünfeinhalbstündigen und auf zwei Filme aufgeteiltem Mafia-Drama beiseite. Über fünf Jahrzehnte und drei Generationen hinweg folgen wir der blutigen Fehde zwischen zwei verfeindeten Clans, die in der ressourcenreichen ostindischen Provinz Jharkhand um die Vorherrschaft kämpfen. Das klingt zunächst nach einem Gangster-Plot der simpelsten ,,Der Pate” Variante wird in Kashyaps Händen jedoch zu einem faszinierenden, schillernden und auf realen Hintergründen basierenden Tableau, das ethnische und religiöse Spannungen, poltischen Filz, schwelende Gewalt und persönliche Schicksale zu einer cineastischen Tour De Force verwebt. Unnachgiebig in seinem Erzähltempo und in radikaler Abkehr von den bonbonbunten bis schmalzigen Filmrealitäten des indischen Kinos, zertrümmert Kashyaps exzessives Epos mit ungewohntem Realismus und poetischer bis brachialer Gewalt die Konventionen. Obwohl es den Anschein hat, als stopfe Anurag Kashyap manchmal etwas zu viele Handlungsstränge, Nebenfiguren und Details in sein True-Crime-Mammutprojekt, das sich nicht ohne Schwächen zeigt, schlägt „Gangs Of Wasseypur” als verwegene, blutgetränkte und streckenweise sogar humorvolle bis slapstickige Mafia-Mär in Bann. Ein Film, der alleine auf Grund seiner ausladenden Struktur, seiner schwindelerregenden Wucht und seines atemlosen Tempos gute Note verdient.
Film: Gangs Of Wasseypur – Teil 1 & 2
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