Er hat viele Namen und mindestens genauso viele Gesichter trägt seine Musik. Eric Schrody, so sein bürgerlicher Name, wird von seinen Hip Hop-Freunden Whitey Ford genannt. Den meisten ist er aber als Everlast bekannt. Jetzt rechnet der gestandene Rapper auf seinem neuen Album SONGS OF THE UNGRATEFUL LIVING mit Krise, Krieg und Ungerechtigkeit ab.
Als Mitglied von House Of Pain gehörte er zu den bedeutendsten Figuren im Hardcore Rap der frühen Neunziger und war mitverantwortlich für Hits wie ›Jump Around‹. Im Jahr 1998 knallte Everlast mit seiner bis dato zweiten Soloplatte WHITEY FORD SINGS THE BLUES den eingenähten Vertretern von Hip Hop, Rock, Folk und Country eine gehörige Portion Innovation vor den Latz. Dank seiner Mixtur all dieser Genres, Mega-Hits wie ›What It‘s Like‹ und ›Put Your Lights On‹, für das er gemeinsam mit Carlos Santana einen Grammy einsackte, sowie drei weiteren Solo-Alben gehört der frühere Rap-Star inzwischen auch zum illustren CLASSIC ROCK-Kreis.
Das sechste Album SONGS OF THE UNGRATEFUL LIVING, bei dem Everlast selbst auch als Produzent mitwirkte, enthält eine Vielzahl verschiedener Stile und kompositorischer Ideen. Es ist eine wütende Abrechnung mit den sozialen Missständen in den USA und ein besorgter Weckruf an die Leidtragenden der vergangenen Jahre.
Damit bewegt sich Everlast in der Tradition früherer Hip Hop-Combos, die für ihre Protest-Songs bekannt waren. Eine Tradition, die im vergangenen Jahrzehnt verloren gegangen ist. „Einer muss ja den Tatsachen ins Auge blicken. Amerika ist im Begriff unterzugehen. Keiner möchte an diesem Schiff rütteln. Nun ist das Schiff voll, Mann. Irgendjemand wird über Bord gehen, also lasst uns wenigstens die richtigen Leute über die Reling stoßen“, beschwert sich Schrody über den fehlenden Mut heutiger Musiker. „Trotzdem ist es kein allzu politisches Album. Diesmal habe ich mich wieder mehr den Menschen und ihren Geschichten zugewandt“, erklärt Whitey Ford.
„Verglichen mit den meisten Amerikanern geht es mir ziemlich gut, aber ich hänge eigentlich nur mit Leuten aus der Arbeiterklasse rum. Die meisten meiner Freunde um mich leiden und ich muss ansehen, wie sie zu kämpfen haben, um über die Runden zu kommen.“ Die Probleme in seinem bodenständigen Umfeld und zahlreiche private Erlebnisse in den vergangenen Jahren inspirierten Everlast zu den insgesamt 15 neuen Tracks auf SONGS OF THE UNGRATEFULL LIVING.
In ›I Get By‹, der ersten Single-Auskopplung, besingt der 42-Jährige die ökonomische Zwickmühle, in der sich die einfachen Leute in den Staaten befinden und will sie damit aus ihrer passiven Haltung locken. „Wenn ich heute 25 Jahre alt wäre und gerade aus dem College käme, würde ich mich zu Tode fürchten. In Europa sieht man immer wieder Proteste und sogar Unruhen. Dort sind wenigsten die Jungen motiviert, etwas zu versuchen. Auf die Amerikaner muss man immer noch warten“, kritisiert er.
In den vergangenen drei Jahren tourte Everlast durch den Irak, um für die amerikanischen Truppen zu spielen. Seine Eindrücke aus dieser Zeit verarbeitet er in ›Little Miss America‹. Das Lied handelt von Soldaten, die aus dem Krieg in ihre Heimat zurückkehren und in einer von Prominenz und Wohlstand besessenen Kultur ankommen müssen.
Von besonderer Bedeutung ist für Everlast das Lied ›Sixty-Five Roses‹, das einen sehr privaten Hintergrund besitzt. Nach seiner Heirat vor einigen Jahren, bekamen er und seine Frau eine Tochter, bei der bald Mukoviszidose (auf Englisch Cystic Fibrosis) diagnostiziert wurde. „Als wir uns über die Krankheit informierten, fanden wir raus, dass es da diese Organisation namens 65 Roses gibt.“ Die Einrichtung trägt diesen Namen, weil die Kinder, die unter diesem genetischen Defekt leiden, Cystic Fibrosis aussprechen wie 65 Roses. „In dem Lied geht es aber nicht direkt um die Krankheit, sondern um den harten Weg etwas unerwünschtes im Leben zu akzeptieren und damit zurecht zu kommen“, sinniert der durch das Leben deutlich gereifte Rapper.