Er ist einer der größten Sänger aller Zeiten, landete als Frontmann der Animals Hits wie ›The House Of The Rising Sun‹, ›It’s My Life‹ und ›Don’t Let Me Be Misunderstood‹ und lernte nach den frühen Erfolgen alle Höhen und Tiefen des Musikbusiness kennen. 50 wird seine alte Band dieses Jahr, doch Eric Burdon schaut mit seinem neuen Solo-Album ‘TIL YOUR RIVER RUNS DRY lieber nach vorn.
Im Interview mit CLASSIC ROCK wundert sich der kleine, quirlige Brite dennoch über die Zeiten, in denen wir heute leben. „Wenn uns die Regierung früher gesagt hätte, dass wir einen Computerchip mit uns herumtragen müssen, damit wir ständig geortet werden können, hätte es eine Revolution gegeben“, ist er sich sicher. „Heute gilt ein glänzendes Handy als Fashion-Statement, und die Leute zahlen sogar noch Geld dafür, dass die Obrigkeit jeden ihrer Schritte überwachen kann. Das will mir nicht in den Kopf!“
Fast 72 ist Burdon inzwischen, doch sein politisches Gewissen ist nach wie vor hellwach. Die Wahl Barack Obamas lässt ihn auf ‘TIL YOUR RIVER RUNS DRY von einem Besuch im Weißen Haus träumen. Mit dem früheren sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow hatte er ausgerechnet am Rande einer ZDF-Fernsehshow in Hannover tatsächlich die Gelegenheit, über Umweltpolitik zu reden. Das gab die Initialzündung für den Song ›Water‹, der die Ungleichverteilung der Wasserressourcen auf der Welt thematisiert. Auch die jüngsten Aufstände in Libyen und Ägypten dienten ihm als Aufhänger. „Ich bin mit Jazz- und Folkmusik aufgewachsen, die von klaren politischen Botschaften geprägt war“, erklärt er sein ungebrochenes Sendungsbewusstsein. Dabei ist es seiner Meinung nach egal, ob die Songs die Welt tatsächlich verändert haben: „Die Menschen erinnern sich an Lieder wie ›This Land Is Your Land‹ und sie schöpfen daraus Hoffnung.“ Deshalb glaubt er auch, dass politisch motivierte Musik mehr Menschen erreicht als die flammendste Politikerrede. Die Musik versüßt die bittere Pille. „So kannst du selbst brutale Wahrheiten verkaufen, die aus dem Mund eines Politikers niemand hören will“, ist er überzeugt. „Nichts anderes haben früher die Bluessänger in Amerika gemacht. Sie haben von Elend, Rassismus und Ungleichbehandlung gesungen, aber auf geradezu perverse Weise macht es Spaß, ihnen dabei zuzuhören.“
Doch nicht nur textlich richtet Burdon den Blick nach vorn. Auch musikalisch käme es ihm nie in den Sinn, lediglich den Sound seiner glorreichen Vergangenheit auszuschlachten. Projekte wie die unlängst gemeinsam mit den 60s-Epigonen The Greenhornes veröffentlichte EP sind für ihn nicht mehr als eine Fingerübung. Nachahmung, daran lässt er keinen Zweifel, ist für ihn keine Kunst, sondern lediglich handwerkliche Fertigkeit. Lange Jahre litt er deshalb unter der Last, immer wieder die alten Lieder spielen zu müssen. Mit seinem eigenen künstlerischen Anspruch, am Ende des Abends mit erhobenem Haupt nach Hause gehen zu können, ließ sich das nur schwer vereinbaren. In den 70ern suchte der leidenschaftliche Motorradfahrer deshalb Zuflucht im Schoß einer kalifornischen Biker-Gang oder tingelte allein ein ganzes Jahr durch Mexiko. „Irgendwann wurde mir dann allerdings klar, dass ich mich nicht beschweren kann. Verglichen mit vielen anderen Leuten führe ich ein prima Leben“, sagt er rückblickend. Das Mikro an den Nagel zu hängen ist deshalb heute keine Option mehr. „Natürlich habe ich in den letzten Jahren auch mal ans Aufhören gedacht“, gesteht er abschließend. „Aber dann wurde mir bewusst: Ich mache nichts so gern wie Musik!“