Er ist einer der besten britischen Rocksänger: Danny Bowes von Thunder. BACKSTREET SYMPHONY von 1990 gilt als Genre-Geheimtipp. Aber hätte aus Thunder mehr als ein rein europäisches Phänomen werden können? Eine kleine Rückschau.
LIVE AT DONINGTON erscheint, eine Compilation eurer ersten beiden Auftritte bei den Monsters-Of-Rock- Festivals 1990 und 1992. Welche Erinnerungen kommen da hoch?
Es fühlt sich an, als wäre es gestern gewesen. Nicht dass wir noch genauso aussehen wie damals, aber speziell der erste Auftritt ist noch sehr präsent.
Warum?
Weil wir die erste Band des Tages waren. Unser Debüt war fünf Monate auf dem Markt, wir waren konstant auf Tour, Donington war der Höhepunkt, auf den alles zulief. Aber es gab Probleme. Alle Beteiligten hatten eine Mordsangst, weil das Festival im Jahr zuvor aufgrund der zwei Todesfälle 1988 abgesagt worden war. Es herrschte ein enormer Druck, es gab enorme Sicherheitsbedenken. Außerdem hatte ich meine Stimme verloren und durfte erst auf der Bühne zum ersten mal nach Tagen wieder singen. Zusätzlich teilte uns unser Agent kurz vor dem Gig mit, dass er das Hammersmith Odeon dreimal gebucht hätte. Wir sollten also Gas geben. Er wolle natürlich keinen Druck ausüben. Es lief aber ziemlich gut. Wir sind wie die Verrückten auf der Bühne herumgesprungen, als nach den ersten Tönen klar war, dass meine Stimme hielt. Noch heute sprechen mich Menschen auf der Straße auf diese Show an. Die Hammersmith-Shows waren übrigens innerhalb kurzer Zeit ausverkauft, als sie nach Donington angekündigt wurden.
Was ist eigentlich so besonders an Donington?
Zu der Zeit gab es weltweit kein vergleichbares Festival für Rockmusik. Ich bin mit Terraplane, dem Thunder-Vorgänger, 1982 und 1987 in Reading aufgetreten, aber man kann ein reines Rockfestival nicht mit einem solchen Mix wie dort vergleichen.
Welches war dein erstes Festival als Zuschauer?
Auch Reading, ich war damals 15. Ich fuhr mit Luke, unserem Gitarristen, hin. Am Freitagabend wollten wir Tee kochen, aber Luke schmiss den Campingkocher um und verbrühte meinen Knöchel dermaßen, dass ich ins Krankenhaus musste. Der erste Tag war also nicht so gut… Ich bekam einen Verband und sollte die Wunde trocken halten. Das klappte nicht: Schon am nächsten Tag fiel ich betrunken in das nasse Zelt, der Fuß entzündete sich, die Heilung dauerte schließlich neun Monate. Aber das Festival war super! UFO spielten, Wishbone Ash, Supertramp, Thin Lizzy und Judas Priest. Aber auch Caravan und Joan Armatrading, nur mit ihrer Akustikgitarre. Das war sehr beeindruckend und hat mein Leben nachhaltig geprägt.
Du trittst heute auch ab und zu nur mit Akustikgitarre auf…
Zusammen mit Ben, unserem Keyboarder. Das Ganze ist aber mehr Stand-Up-Comedy als ein richtiges Konzert. Wir erzählen Anekdoten aus unserer Karriere und spielen ein paar Songs. Ab und zu singt meine Tochter Lucy mit.
Wird sie auch Sängerin?
Sie studiert noch, aber sie hat eine gute Stimme. Sie ist übrigens die einzige, die etwas daraus machen will. Die Älteste und mein Sohn sind in anderen Dingen kreativ.
Thunder waren die letzte erfolgreiche Rockband vor dem großen Grunge-Boom.
Das stimmt. Hätten wir ein paar Jahre eher angefangen, wer weiß, was aus uns geworden wäre, besonders in Amerika. Dort hatten wir 1991 eine Tour mit Cinderella und David Lee Roth gebucht, aber die wurde in letzter Sekunde aufgrund mangelnder Ticketverkäufe abgesagt. Stattdessen spielten wir ein paar Konzerte in Kanada und einige im Großraum Los Angeles. Die Reaktionen waren großartig, aber unsere Platte gab es nirgends zu kaufen, denn die Plattenfirma veröffentlichte sie erst 1992. Zum Abschluss der USA-Reise traten wir dann im Oktober auf der fünften Party des US-Magazins Rip im Hollywood Palladium in Los Angeles auf, zusammen mit Nirvana, Pearl Jam, Soundgarden, den Screaming Jets und Spinal Tap. Das war eine komische Veranstaltung, denn die eine Hälfte des Publikums mochte, die andere hasste uns.
Woran hat es deiner Meinung nach gelegen, dass Grunge auf einmal so populär werden konnte?
Weil MTV und die US-Radiosender von einem Tag auf den anderen ihr Format umstellten und den Leuten vorgegaukelt wurde, dass es keine andere Musik mehr gäbe. Dann haben also dieselben Fans, die vorher Achtziger-Rock hörten, Grunge gekauft. Und dann behaupte noch einmal jemand, die Medien besäßen keinen Einfluss.
Ihr spielt in London demnächst mit Mott The Hoople, allerdings nur diesen einen Gig. Warum?
Weil sie uns nur für diesen Gig angefragt haben. Alle anderen Hallen sind kleiner, da brauchten sie uns wahrscheinlich nicht. Und außerdem hätten wir dort auch locker allein spielen können. Aber wir freuen uns darauf. Dann haben wir wenigstens auch einmal in der O2-Arena gespielt, wo ich 2007 leider den Led-Zeppelin-Gig verpasst habe. Dafür haben wir aber 1990 zum Abschluss der Heart-Tournee in der Wembley-Arena mit den Wilson-Schwestern ›Rock And Roll‹ gespielt. Auch das war ein unvergesslicher Moment. Genau wie Donington…