Die ganze Rockwelt fragt sich, ob AC/DC ohne Malcolm Young überhaupt noch AC/DC sein können. Deutlich kleiner dürfte die Anzahl von Menschen sein, die sich fragen, ob The Church ohne Marty Willson-Piper noch The Church sein können, aber zumindest in ihrer australischen Heimat wird das Thema auch recht angeregt diskutiert. Dort – und bis auf Weiteres nur dort – erscheint jetzt nämlich deren 25. Album FURTHER/DEEPER. Mögen viele die Band für ein One-Hit-Wonder halten (›Under The Milky Way‹), haben sie doch eine treue Fanschar in aller Welt um sich versammelt. Ohne eine solche bringt man es schließlich nicht auf 25 Platten… Und die scheint sich in Teilen daran zu stoßen, dass besagter Herr Willson-Piper bei diesem Werk nicht an Bord ist. Es ist kein Geheimnis, dass die Dynamik zwischen ihm und Steve Kilbey zeitweise eher fragil war, und schon früher gönnte sich Marty Auszeiten von The Church. Weswegen Kilbey es sich nicht verbieten lässt, die Formation als seine Band zu bezeichnen, mit der munter in die Zukunft steuert. Hört man nun also den Weggang des langjährigen Kumpanen? Auf Anhieb sicher nicht. Kilbey und seine Mannen (jetzt verstärkt durch Powderfinger-Gitarrist Ian Haug) greifen vertraute Klänge auf, füllen weite Räume mit Anklängen an frühen 80s-Wave, flechten wohldosierte Prog-Elemente ein und brillieren bei einer faszinierender Gratwanderung zwischen distanzierter Kälte und wohliger Intimität. The Church gelingt das seltene Kunststück, eindeutig erkennbar zu klingen, aber doch nie auf der Stelle zu treten. Und ein gewisser Vitalitätsschub ist im Vergleich zu einigen der jüngeren Werke nicht zu leugnen. ›Delirious‹, ›Lightning White‹, ›Volkano‹ oder ›Pride Before A Fall‹ zeigen exemplarisch, dass Kilbey ein Meister der unkonventionellen Dynamik ist, ohne den Hörer je zu überfordern. Die Bedenken sollten damit eindeutig aus dem Weg geräumt sein: The Church bleiben The Church – und hörenswert wie eh und je.