Sammlung verlorener „Juwelen“
Ein richtig gutes Album haben Blue Öyster Cult schon seit 1981 mit FIRE OF UNKNOWN ORIGIN nicht mehr abgeliefert. Ohne Fanbrille gesehen. Einige werden jetzt vielleicht IMAGINOS von 1988 ins Feld führen. Doch das ist im Prinzip kein vollwertiges BÖC-Werk, sondern begann vielmehr als Solo-Platte von Drummer Albert Bouchard, bevor das damalige Label es doch als Band-Epos vermarktete, weil sich das nun mal einfach leichter verkauft. Die Songs von GHOST STORIES entstanden zwischen 1978 und 2016, man kann hier also von keinem klassischen Album im herkömmlichen Sinne sprechen, sondern von einer Ansammlung verlorener „Juwelen“. Das Gros entstand zwischen 1978 und 83, lediglich der Abschluss ›If I Fell‹ ist von 2016 – ein seltsamer Track, der völlig untypisch für BÖC ist und eher an America erinnert. Für die übrigen elf Lieder hätte man sich gern etwas mehr Infos gewünscht, damit man sie entsprechend zuordnen kann. Enthalten ist die einzige bekannte Studioaufnahme ihres Konzertklassikers ›Kick OuThe Jams‹, ein MC5-Cover. Das Animals-Cover ›We Gotta Get Out Of This Place‹ (live zu hören auf dem erfolgreichsten BÖC-Werk SOME ENCHANTED EVENING) ist ebenfalls aus dem Studio zu belauschen. Richtig gut gelungen sind lediglich ›Gun‹ (müsste ich raten, würde ich sagen von 1981) und das ruhige ›The Only Thing‹. Auf ›So Supernatural‹ (zu dem es ein neues Video gibt) und ›Don’t Come Running To Me‹ spielt Rick Downey Schlagzeug, der nach FIRE OF UNKNOWN ORIGIN den etatmäßigen Drummer Bouchard ersetzte – folglich dürften beide Tracks aus den Sessions zum mittelmäßigen Longplayer THE REVÖLUTION BY NIGHT (1983) stammen. Als harter BÖC-Fan wird man auch den brauchen, dem Rest sei eher Früheres wie AGENTS OF FORTUNE, das vollkommen unterbewertete CULTÖSAURUS ERECTUS, eben FIRE OF UNKNOWN ORIGIN oder das tolle Live-Werk ON YOUR FEET OR ON YOUR KNEES empfohlen.
6 von 10 Punkten
Blue Öyster Cult
GHOST STORIES
FRONTIERS/THE ORCHARD