Seit dem letzten Blackfield-Album WELCOME TO MY DNA hat Aviv Geffen ganz das Steuer bei der Kollaboration mit Steven Wilson übernommen. Israels Rockstar #1 erklärt uns das Bandgefüge anno 2013 anlässlich des Erscheinens von BLACKFIELD IV.
Text: Matthias Jost
„Ich war immer der Kopf von Blackfield, und Steven und ich waren uns einig, dass ich eher der Songwriter bin, während er eher der Soundarchitekt ist. Also bin ich in die Führungsrolle geschlüpft. Steven ist immer noch ein großer Teil des Puzzles, auf dem neuen Album findet man ihn auf den meisten Stücken, ob er nun singt, Gitarre spielt oder mit mir zusammen singt, und natürlich hat er das ganze Album gemixt.“ Klingt nach einer sehr erwachsenen Beziehung, die der Nahost-Rockgott und Prog-Titan da pflegen. Was hat Aviv daraus gelernt, das er nie gelernt hätte, wäre er Wilson nie begegnet? „In einer echten Freundschaft lernt man jeden Tag voneinander. Ich kam aus dem Orchester- und Klavierbereich, er ist mehr das Gitarrengenie, und wir haben viele Ideen miteinander geteilt. Ich glaube, er ist in meinen Songs und ich in seinen, seit wir uns kennengelernt haben. Das ist die Magie der Kunstwelt, wir reagieren aufeinander und verändern uns mit der Zeit.“
Für Geffen war dieses Jahrzehnt tatsächlich ein großer Schritt, nicht nur aus seinem musikalisch angestammten Terrain, sondern auch der Blase des Starruhms zu Hause. „Es ist so toll, außerhalb Israels keine Berühmtheit zu sein. Das lässt die Kunst unverfälscht. Blackfield-Fans schätzen meine Lieder, ohne viel über meinen Hintergrund, meine Ansichten zu wissen. Ich muss sagen, das ist sehr gesund für mein Ego.“
Und für die Musik von Blackfield, die wirklich ihre ganz eigenen Bahnen zieht, irgendwo zwischen Pop, Alternative, Elektronik und Prog, und auf IV einen neuen Reifegrad erreicht hat. „Da ist einfach eine gewisse Magie, wenn Steven und ich zusammenarbeiten, die ich mit keinem anderen Musiker erlebt habe. Wir haben das Glück, eine neue musikalische Sprache zu erschaffen. Nichts klingt wie Blackfield, wir passen in kein bestimmtes Genre und das ist auch unser Ziel. Du kannst den ganzen Tag darüber nachdenken, ob das nun Pop, Prog oder Rock ist, aber wen interessiert das? Wenn es gut ist, ist es gut. Ich bin kein großer Fan von Gitarren- oder Keyboard-Soli, ich glaube an Songs. Man wird immer den Floyd- oder Crimson-Einfluss hören, aber der Sound ist andererseits auch moderner. Wir müssen uns entwickeln, sonst würden wir ja wie irgendeine andere Band klingen, oder?“
Andere Bands finden sich auf IV dafür in Form prominenter Gäste, nämlich Vincent Cavanagh von Anathema, Jonathan Donaghue von Mercury Rev und Brett Anderson von Suede. Ersterer ist vielleicht keine so große Überraschung, aber Brett Anderson? „Ich bin früher durch die ganze Welt gereist, um Suede live zu sehen! Du kannst dir also vorstellen, was es für mich für ein Moment war, als er eines meiner Lieder sang. Es war ein gewisses Statement, diese Leute auf dem Album zu haben. Vincent kommt eher aus Steves Welt, Jonathan und Brett aus meiner, aber sie sind alle sehr dramatisch und dunkel, was perfekt zum Blackfield-Sound passt.“
Stichwort dramatisch und dunkel…wie sieht Aviv, eine der prominentesten Stimmen für nachhaltigen Frieden in Israel, die Zukunft seines Landes? „Ich vertraue der Regierung nicht. Der Friede wird von der Straße kommen. Wir sprechen täglich mit Palästinensern im Netz, und das sind sehr positive Gespräche. Ich glaube immer noch, dass sie ihren eigenen Staat haben sollen, ich bin gegen die Besatzung und der Friede ist die einzige Zukunft, die wir auf beiden Seiten haben.“