Die eingeschliffenen Klischees der Romantikkomödie versuchten bereits Dutzende Filme mit verschiedensten Kniffen auszuhebeln: Derber Humor à la Judd Apatow, optisches wie musikalisches Hipstertum bei „500 Days Of Summer” oder schlicht überdurchschnittliche schauspielerische Qualität in „Crazy, Stupid, Love”. Etwas überraschend gesellt sich nun der von Rashida Jones („Parks & Recreation”) geschriebene und produzierte „Celeste & Jesse” hinzu, der auf den ersten flüchtigen Blick nicht viel Neues zum Genre beitragen kann. Celeste (Jones) und Jesse (Andy Samberg) wirken nach sechs Jahren Ehe wie das perfekte Paar: Beste Freunde, die seit Teenagerzeiten ihr Leben teilen und einander in- und auswendig kennen. Derzeit kriselt es zwischen den beiden, eine Trennung auf Zeit soll neue Beziehungs-perspektiven schaffen. Doch während Jesse noch glaubt eine kurze Auszeit würde genügen, um das alte Feuer der Liebe neu zu entfachen, glaubt Celeste nicht an eine schnelle Kittung der Bruchlinien zwischen den beiden. Erstaunlich unaufgeregt und mit einem aus dem Leben gegriffenen Charme, der vielen anderen Romantik-komödien abgeht, seziert „Celeste & Jesse” den Niedergang der Beziehung so unsentimental wie treffend: Keine seelische Läuterung, keine plötzlichen emotionalen Offenbarungen, keine Mythen der Hollywood-Romantik. Lediglich zwei Menschen, die ihr Liebesleben nach bestem Können auf die Reihe bekommen wollen, Kollateralschäden nicht ausgeschlossen. Das klingt zunächst nicht besonders revolutionär, erhält durch die brillanten Darbietungen von Jones und Samberg sowie der gekonnten Art, mit der hier Erwartungshaltungen unterlaufen werden, eine unverwechselbar bittersüße Note.
8
Trailer Park Boys
Studio Hamburg
Ein wenig hat es nun doch gedauert, bis es die kanadische Mockumentary um die kleinkriminellen Herumtreiber Ricky und Julian zu uns geschafft hat. Während die Serie samt ihrer Spielfilmableger und den Cameos seiner Hauptfiguren in Videoclips von „The Tragically Hip” im englischsprachigen Raum bereits seit einem Dutzend Jahren eine beträchtliche wie loyale Anhängerschaft um sich sammelt, sind die Umtriebe der Trailer-Park-Bewohner hierzulande eher unbekannt geblieben. Betrüblich, vor allem in Hinblick darauf, dass „Trailer Park Boys” eben das gelingt, was vielen Comedyexperimenten im Dunstkreis der „White Trash”-Kultur Nordamerikas missglückt: Die enervierende Ignoranz und Dummheit seiner Protagonisten zwar als Quelle des Humors zu nutzen, dabei jedoch nicht zu vernachlässigen, deren menschliche Seite herauszuarbeiten. Dass Serienschöpfer Mike Clattenburg dabei böse Spitzen gegen Voyeurismus und Reality-TV-Wahn setzt, während seine Schauspieler Kollegen wie Sacha Baron Cohen zeigen, wie man anarchische wie geistreiche Improvisationscomedy auf die Spitze treibt.
8
Charlies Welt
Koch Media
Wie weit bei Herrn Charlie Sheen in den letzten Monaten Selbstbild, Medien-image und Rollenwahl zu einem trashigen Gesamtkunstwerk verschmolzen sind, bleibt bemerkenswert. Männliche Virilität plus Drogenmissbrauch plus eine trotzige Auflehnung gegen Autoritäten wie den amerikanischen Serienmogul Chuck Lorre scheinen die Fanbasis zu faszinieren. Erweckt bereits Sheens neue Serie „Anger Management” oft den Eindruck, der Schauspieler würde vor der Kamera nur noch eine in die Karikatur zugespitzte Version seiner selbst wiedergeben, wollte Jungregisseur Roman Coppola diese Eigenheit Sheens offensichtlich zu seinen Gunsten nutzen. Denn in „Charlies Welt” gibt Sheen den rotzigen Graphik-designstar Charles Swan III, der nach dem Ende seiner Beziehung mit dem Trauma des Verlassenwerdens kämpft und in Tagträumen, Fantastereien und Exzessen das Liebesaus verarbeitet, während ihn Kumpel Kirby (Jason Schwartzman) und Manager Saul (Bill Murray) umsorgen. Das Konzept geht nur bedingt auf, denn allem visuell gefälligem Schnörkel und trockenem Humor zum Trotz, wirkt die Auswalzung des Sheen’schen Egos auf Filmlänge wie eine breitgetretene Packung Quark: wird dünn und nicht hart.
6
New World
MFA+
Warum Südkorea in Sachen elektrisierendem Crime-Kino gegenüber den zahlreichen Produktionen aus Hollywood und Umkreis immer noch die Nase vorne hat, zeigt Filmemacher Park Hoon-jung in seiner zweiten Regiearbeit: Düster, pessimistisch und trotz komplexer Figurenkonstellation straff in seiner Erzählweise, verpackt Hoon-jung eine im Grunde genommen konventionelle Handlung als höchst eleganten, klug konstruierten und brillant besetzten Mafia-Thriller. Darin bereitet das mächtige und scheinbar unangreifbare Goldmoon-Syndikat den Behörden ordentliches Kopfzerbrechen, denn mit seiner hyperkapitalistischen Expansionsstrategie ist die Organisation zum vielarmigen und unkontrollierbaren Kraken geworden. Ermittler Kang (Choi Min-sik) hat jedoch einen Plan, mit Hilfe eines eingeschleusten Undercover-Bullen das Gangsterkartell zu Fall zu bringen. Die subtil gezogenen Parallelen zwischen der Kultur des Verbrechens und der des mit allen Mitteln geführten wirtschaftlichen Konkurrenzkampfes sind dabei nur eine der zahlreichen herausragenden Tugenden, mit denen sich „New World” Thrillerbestnoten verdient.
8
» Zusammengestellt von Gerhard Maier