Das gute Gewissen von Genesis beeindruckt seine Hörerschaft mit einem opulenten Spätwerk.
So, genau so versenkt man ein Album: OUT OF THE TUNNEL’S MOUTH gibt’s netzweise zwar schon seit vergangenem Oktober, erst jetzt aber haben sich ein Label und ein Vertrieb für das physische Produkt gefunden. Ein solches Schattendasein im Maschinenraum des Rock-Business ist für ehemalige Genesis-Mitglieder nichts Ungewöhnliches. Anthony Philipps, der hier auch mitmusiziert, geht es ähnlich, Leute wie John Silver oder Chris Stewart haben die Kurve gekriegt und arbeiten heute als TV-Produzent in London oder Landwirt in Spanien. Hackett hingegen hielt zwischen 1970 und 1977 die Gitarre, also während der ergiebigsten Schaffensphase der gerne als „gymnasial“ geschmähten Progrocker. Zwar stahlen ihm damals Schlagzeuger Phil Collins und Peter Gabriel am Mikrofon die Show, aber das Talent zur extrovertierten Bühnenshow ist vielleicht das Einzige, was dem Musiker Hackett fehlt.
Musikalisch hat er die Kollegen jedenfalls überragt und tut es noch heute, während sich Gabriel durch Cover-Versionen knödelt und Collins lieber Klangkleister für Disney-Musicals produziert. Hacketts hohe Ansprüche jedenfalls trieben ihn nach Trick Of The Tail aus der Band und sind hier in voller Pracht zu genießen – wenn man denn ein Liebhaber ausgereifter Rock-Etüden mit Hang zu Überlänge, Synthesizern und Ethno-Einsprengseln ist. Anders als bei dem berückenden SKetches Of Satie beschränkt sich unser Gitarrenheld diesmal nicht auf das Nachgniedeln klassischer Klavierstücke, sondern entrollt das gesamte Panorama seines Könnens. Im finalen Schlüsselstück ›Last Train To Istanbul‹ brandet hier und da sogar ein orientalisches Orchester auf, seufzt die Flöte, meckert die Sitar und klagt die Violine. An anderer Stelle kommt dann noch der alte Chris „Donnerdaumen“ Squire von Yes zum Einsatz. Ein Album alter Freunde für alte Freunde einer alten, längst untergegangen und doch eigentlich sehr freundlichen Musik.