Wer vielschichtigen Progressive Metal liebt, findet ihn bei Vanden Plas in Vollendung: Besser als THE SERAPHIC CLOCKWORK können Platten aus dieser Musikrichtung kaum klingen.
Text: Matthias Mineur
Schlag auf Schlag ging es bei Vanden Plas nur zu Beginn der Karriere: 1995 mit dem vielversprechenden Debüt COLOUR TEMPLE gestartet, hatte die Band um Sänger Andy Kuntz (sein Bruder ist der frühere Fußballbundesliga-Profi Stefan Kuntz) schon vier Jahre später drei weitere Veröffentlichungen im Rennen: ACCULT (1996), THE GOD THING (1997) und FAR OFF GRACE (1999). Dann entdeckte das Pfalztheater Kaiserslautern die Bandmitglieder für sich, und umgekehrt, seither liegt der Hauptfokus der Gruppe auf Musical- und Theater-Engagements. Mittlerweile haben Vanden Plas neben den eigenen Musicals „Abydos“, „Ludus Danielis“ und „Christ O“ auch aktiv an Aufführungen von „Jesus Christ Superstar“, „Hair“ und „Der Herbst des Winterkönigs“ teilgenommen. Kein Wunder also, dass es erneut geschlagene vier Jahre dauerte, bis nun endlich der Nachfolger von BEYOND DAYLIGHT (2002) und CHRIST O (2006) in die Geschäfte kommt. Andy Kuntz sucht nach Worten der Entschuldigung: „Wenn man innerhalb von drei Jahren gleich drei verschiedene Rock-Opern für große renommierte Häuser schreiben kann, muss man das einfach machen“, erklärt er.
Dennoch klingt die neue Scheibe THE SERAPHIC CLOCKWORK alles an-dere als halbherzig oder mühsam dazwischengeschoben. Gewohnt engagiert haben sich Vanden Plas thematisch und stilistisch an neue Horizonte herangewagt und zeigen sich kompositorisch durchaus auf Augenhöhe mit Szene-Fürsten wie Dream Theater oder Symphony X. „Ich hatte die Vision von einer etwas härteren Vanden Plas-Variante, die für meine Begriffe auch entstanden ist, ohne dass wir unsere musikalische Basis entscheidend verändert haben“, analysiert Gitarrist Stephan Lill die neue Scheibe und fügt hinzu: „Ich denke, das wir auf THE SERAPHIC CLOCKWORK unsere musikalischen Grenzen weiter ausgedehnt haben. Die Songs sind teilweise noch härter, noch zerbrechlicher, noch komplexer arrangiert und noch orchestraler.“
Passend dazu die vielschichtige und hochinteressante Geschichte des Konzeptalbums, die aus der Feder von Andy Kuntz stammt. Sie erzählt von der Zeitreise eines im 16. Jahrhundert in Rom lebenden Mannes, der aufgrund einer Vision vom Ende der Welt in die Mühlen einer alttestamentarischen Prophezeiung gerät. Der Mann reist zurück ins Jerusalem des Jahres 33 n.Chr., um festzustellen, dass er der Fügung nicht entkommen kann. „Es geht darum, sich seiner gottgewollten Bestimmung zu stellen“, erläutert Kuntz – und ist wie sein Kollege Lill sicher, dass sich dieses Thema ebenfalls hervorragend fürs Theater eignet: „Natürlich versuchen wir, THE SERAPHIC CLOCKWORK auch auf die Theaterbühne zu bekommen. Die Story ist dafür prädestiniert. Zudem haben wir schon im Vorfeld darauf geachtet, dass das Konzept alle Voraussetzungen erfüllt, um im Theater bestehen zu können.“