The Union zählen zu den Überfliegern des letzten Jahres. Nun legen Luke Morley und Peter Shoulder nach. Mit SIREN’S SONG beweisen die Briten endgültig, dass sie mehr sind als ein Projekt – und dass ihr Debüt alles andere als ein Glückstreffer war.
Das vergangene Jahr entpuppte sich für Gitarrist Luke Morley und Sänger Pe- ter Shoulder als eine fortwährende Anhäufung von Erfolgen und Super-lativen. Ihr Debütalbum THE UNION schlug in der Rockszene ein wie ein strahlender Blitz und überzeugte Publikum und Kritiker beinahe über Nacht. Es folgten Tourneen im Vorprogramm von Thin Lizzy und Whitesnake. Und im No- vember wurden sie von den Lesern der britischen CLASSIC ROCK-Kollegen mit dem Award als „Beste Neue Band“ ausgezeichnet. „Damit hätten wir nie und nimmer gerechnet“, strahlt Luke Morley noch immer. „Doch als wir bemerkten, dass unser Tisch in der ersten Reihe vor der Award-Bühne stand, dämmerte uns etwas.“
Auf ihrem Erfolg ausruhen möchten sich die beiden Musiker jedoch nicht. Deswegen schrie-ben sie fleißig an neuen Songs. Herausgekommen ist SIREN’S SONG – ein Album, das etwas ent-hält, das der heutigen Rock-Szene immer mehr fehlt: grandiose Lieder. Schon jetzt wird es als eines der Alben 2011 gefeiert. Und viele, die bis dato glaubten, The Union wäre für Morley ledig-lich reiner Zeitvertreib, bis sich seine vorherige Kapelle, die Hardrocker von Thunder, wieder zusammenfindet, werden hier eines Besseren belehrt. Shoulder und Morley haben immer noch Spaß an der gemeinsamen Arbeit und zeigen erneut ihre Liebe zum Classic Rock und Blues. Auch der Sound der Lieder erinnert an die guten alten Zeiten. Dabei hatten die Musiker un- erwartete Hilfe. „Im Studio nebenan nahm eine Band namens The Maccabees auf“, erzählt Luke von den Aufnahmen. „Seltsamerweise haben sie ihr ganzes Equipment herumliegen lassen. Sie hatten alles: eine zwölfsaitige Rickenbacker, eine Hawaii-Gitarre und vieles mehr. Also beschlos-sen wir, uns diese Sachen bei ihnen zu ‚leihen‘. Das war wie Einkaufen. Immer wenn jemand rüberging, fragte er: ‚Hey, ich gehe zu den Mac-cabees. Braucht jemand was?‘“
Obwohl Morley fast doppelt so alt ist wie Shoulder, teilen sie die Leidenschaft für dieselben Bands. „Free und Jimi Hendrix haben mich dazu gebracht, eine Gitarre in die Hand zu nehmen“, verrät Luke. „Als ich Hendrix’ ARE YOU EX- PERIENCED? hörte, war es endgültig um mich geschehen.“ „Mein erstes Konzert war Paul Rod-gers in der Newcastle City Hall“, erzählt Pete. „Ich war damals 13. Meine Eltern haben mich mitge-nommen, weil ich ein riesiger Fan von Free war – und immer noch bin.“
Den Wunsch, selbst Musik zu machen, weck-ten bei Pete Nirvana. „Meine Schwester hatte NE- VERMIND. Ich war hin und weg. Ich fing an, Gitarre zu lernen und hörte alle alten Platten meiner Eltern: Free, Led Zeppelin, Neil Young. Durch die Compilation HEAVY BLUES lernte ich Eric Clapton und Fleetwood Mac kennen. So kam ich zum Blues. Während meine Freunde über die Spice Girls sprachen, hörte ich Tim Buckley und Howlin’ Wolf. Auch der Britpop, der damals gerade aufkam, ließ mich völlig kalt – bis auf Oasis. Bands wie Blur und Menswear sind doch einfach nur Müll.“
Es ist schon ironisch, dass Pete durch den Grunge zur Musik kam, während dieses Genre in den Neunzigern verhinderte, dass Thunder in den Staaten erfolgreich wurden. „Ja, der Grunge hat uns damals schon übel mitgespielt“, erinnert sich Luke. „Aber ich liebe diese Musik trotzdem. Ich kann nichts dagegen machen. Ich liebe Nir-vana, Soundgarden und Alice in Chains.“
„Für mich sind das alles Classic Rock-Bands“, erklärt Pete. „Ich weiß, dass dieses Genre damals eine hippe Mode-Erscheinung war, aber musi-kalisch gesehen, steckt im Grunge viel Classic Rock und Blues. Alice In Chains waren wie Black Sabbath. Nach all den Jahren, in denen man mit Poison oder Mötley Crüe gequält wurde, war das Balsam für die Ohren. Diese Bands sollte man alle der Reihe nach erschießen.“
Begeistert sind die Mitglieder von The Union nicht nur vom Grunge, sondern auch von ihrer eigenen Band. „Pete ist ein unglaublicher Sänger“, schwärmt Morley. „Ich finde, er ist einer der bes-ten Sänger ganz Großbritanniens.“ Und er muss es wissen. Schließlich hat er schon mit Danny Bowes und Robert Palmer gearbeitet. „Wie Paul Rodgers, Chris Rea und viele andere stammt Pete aus dem Norden Englands. Und alle haben sie diese warme tiefe Stimme. Außerdem ist er ein großartiger Gitarrist und Songwriter. Er ist ein unglaubliches Talent, und wenn ich später mal alt bin und in die Windeln pisse, wird er mit Si- cherheit immer noch Musik machen.“
Morley ist schon seit über 30 Jahren im Mu- sikgeschäft. Doch verändert hat sich seiner Mei-nung nach nicht allzu viel: „Du musst immer noch viel auf Tour gehen, so bindest du die Leute an dich. Klar, das Internet hat große Verände-rungen hervorgerufen. Dass man Songs dort jederzeit herunterladen kann, hat die Musikin-dustrie schon sehr verändert – auf positive und negative Weise. Es gibt heute eine Generation von Musikkonsumenten, die niemals in einen Plattenladen gegangen ist und dort eine Platte gekauft hat. Das finde ich schon erschreckend.“
Dank seiner Zeit bei Thunder hatte Morley in der Rock-Szene bereits eine gewisse Bekanntheit. Inwieweit davon auch The Union in ihrer An- fangszeit profierten, vermag der Gitarrist nur bedingt abzuschätzen. „Schwer zu sagen“, über-legt Morley. „Natürlich hatten wir dadurch schon von Anfang an eine kleine Fanbasis. Das hat uns den Start sicher erleichtert. Doch wenn du vor-her in einer anderen Band gespielt hast, die sich aufgelöst hat, hast du auch immer Leute, die diesen Zeiten hinterhertrauern und glauben, dass The Union nie so gut sein werden wie Thunder. Zum Glück waren das nur ein paar wenige. Es hat noch niemand während eines The Union-Konzerts geschrien: ‚Hey, spielt ›Dirty Love‹!‘“
Ein weiteres Geheimnis von The Union ist si- cher auch die Tatsache, dass sie sich und ihre Mu- sik nicht so verbissen ernst nehmen. „Das war schon bei Thunder so“, lacht Luke. „Dort waren nicht nur eine Gruppe Musiker, sondern auch ein Haufen Komiker versammelt. Oft mussten wir uns am Riemen reißen und fragen: ‚Sind wir nun ein Kabarett oder eine Rock’n’Roll-Band?‘ Doch im richtigen Maße hat uns diese Einstellung immer weitergebracht. So auch bei The Union.
Rockbands neigen dazu, sich furchtbar wich-tig zu nehmen, vor allem amerikanische. Man macht sich doch nur unglücklich, wenn man herumläuft und so tut, als wäre man super-cool. Man sollte einfach die Person sein, die man ist.“
Und dieses Rezept geht bei The Union mehr als auf. Ihr Zweitling nimmt den Hörer sofort gefangen – wie der Gesang der Sirenen…