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Jeff Beck

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Jeff Beck

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Jeff Beck 2011 @ Robert Essel NYCDie Liebe zum Spiel

Der Lieblingsgitarrist aller Gitarristen spricht darüber, wie es ist, David Bowie zum Fan zu haben, den Rolling Stones eine Absage zu erteilen und einer Ikone wie Les Paul Tribut zu zollen.

Er marschiert mit großen Schritten in das Londoner Büro seines Managers. Abgesehen von zusätz­lichen Lebenserfahrungs­furchen, die sich in seine ohnehin schon markanten Gesichtszüge radiert haben, sieht er genauso aus wie bei dem letzten Treffen mit CLASSIC ROCK. Man merkt Beck an, dass ihn der (Grammy-)Erfolg des letztjährigen Albums EMOTION & COMMO­TION, dem ersten nach siebenjähriger Abstinenz, sichtlich beflügelt. Gerade ist seine Live-DVD/-CD ROCK’N’ROLL PARTY: HONOURING LES PAUL – LIVE zu Ehren von Les Paul erschienen, zudem bahnt sich eine Reunion mit Rod Stewart an. Beck ist offenbar in der Stimmung für Kollaborationen, wie die 2010er-„Together & Apart“-Show mit Eric Clapton beweist. Die Zusammenarbeit mit Stewart soll eine US-Tour umfassen, wahrscheinlich gehen die beiden auch gemeinsam ins Studio. Fest steht also: Trotz seiner 66 Jahre ist der Brite noch immer offen für neue Abenteuer.

Jeff, du hast gerade drei weitere Grammys abgeräumt: zwei für EMOTION & COMMOTION und einen für THE IMAGINE PROJECT, für das du u.a. mit Herbie Hancock und Pink ›Imagine‹ von John Lennon gecovert hast. Dir scheinen „Rote Teppiche“ zu gefallen?
Award-Verleihungen sind super, wenn man netzwerken möchte. Wer nicht kommt, über den wird auch nicht geredet – er gerät schnell in Vergessenheit. Letztes Jahr war ich zusammen mit Imelda May bei den Grammys – sie hat ja auf ROCK’N’ ROLL PARTY gesungen. 2011 war ich für insgesamt sechs Awards nominiert, also bin ich wieder hingegangen. Schließlich hat das ja durchaus eine Bedeutung, zu einer solchen Veranstaltung ein-geladen zu werden – die Juroren würdigen die Songs und damit auch die Mühe, die ich mir beim Komponieren gebe. Einmal kam ich mit einigen Kumpels zur Award-Show – und war felsenfest davon überzeugt, einen Preis zu gewinnen. Doch als ich unsere Plätze sah, war mir klar, dass ich leer ausgehen würde – sie hatten uns in den oberen Zuschauerrängen eingepfercht. Und siehe da: Im Umschlag stand dann auch der Name „Carlos Santana“, nicht „Jeff Beck“.

Was machst du eigentlich mit deinen Awards?
Ich besitze acht Stück, die alle auf dem Klavier meiner Mutter stehen. Einige habe ich für wirklich obskure Tracks bekommen, die nur wenige Leute kennen. Aber das ist letztlich egal. Die Grammys sind die Oscars des Musikgeschäfts, und ich hoffe daher immer, dass sich meine Alben dank der Preise ein bisschen besser verkaufen.

Du wechselt ständig das Genre – mal bevorzugst du klassische Musik, dann wieder Rockabilly oder Fusion. Bist du auch privat ein rastloser Mensch?
Absolut. Der Klang von Musik fasziniert und bewegt mich. In einer Minute ärgere ich mich über irgendeinen Müll, doch schon im nächsten Moment heul ich wie ein Schlosshund, nur weil ge- rade Christine Johnsons Version von ›You’ll Never Walk Alone‹ läuft. Warum? Und warum liebe ich ›Nessun Dorma‹ so sehr? Oder Ravels ›Pavane Pour Une Infante Défunte‹? Oder die fünfte Sinfonie von Mahler? Das Schöne an meinem Be- ruf als Musiker ist, dass ich alles machen kann, was ich will. Ich bin nicht auf Rock festgelegt, sondern nehme mir auch die Freiheit, z.B. etwas von Puccini zu spielen. Das habe ich schon sehr früh klargestellt. Die Leute können nicht von mir erwarten, dass ich irgendwas im Stil von Led Zeppelin mache. Das füllt mich nicht aus. Und ich möchte auch nicht die 20. Neuauflage von Guns N’Roses sein.

Du wollest vor einiger Zeit mal mit einem Orchester zusammenspielen. Wie ist da der Stand der Dinge?
Bislang gab es nur Kurzauftritte, doch ich träume von einem Konzert mit 100 Musikern. Am besten in der „Royal Albert Hall“ in London, mit Waldhörnern und dem ganzen Käse. Liebend gerne auch im „Madison Square Garden“ in New York oder der „Hollywood Bowl“ in Los Angeles. Das Problem an der Umsetzung solch monumentaler Visionen ist, dass man diese Hallen Jahre im Voraus buchen muss. Doch sollte mich mein Manager eines Tages anrufen und sagen: „Jeff, jemand hat abgesagt, der Termin ist frei, leg los!“, dann nehme ich das sofort in Angriff.

Erinnerst du dich an den 3. Juli 1973?
Oh Gott, ja! Das war der letzte Abend der ZIGGY STARDUST AND THE SPIDERS FROM MARS-Tour, für die David Bowie mich als Gitarristen rekrutieren wollte. Doch ich sagte ab, und so engagierte er Mick Ronson. Danach sagte Bowie immer, dass er jetzt seinen eigenen Jeff Beck hätte… Jedenfalls kam ich bei der Show für drei Songs als Gast mit auf die Bühne. Irgendjemand in der Band hatte an dem Tag Geburtstag, und ich dachte, ich wäre eine Art Maskottchen, quasi ein Geschenk. Aber Bowie war tatsächlich ein großer Fan. Er ließ den kompletten Gig mitfilmen, und die Kameras zoomten bei ›The Jean Genie‹ direkt auf mein Wah-Wah-Pedal, das ich gerade mit meinen dreckigen, weißen Plateauschuhen be­dien­te. Ich bin an die Decke gegangen, als sie mir im Nach-hinein sagten, dass sie meinen Auftritt in dem Film zeigen wollten. Also habe ich mich gewei-gert, die Freigabe zu unterzeichnen. Aber Bowie sagte mir: „Du könntest genauso gut unterschrei-ben. Im ‚Triple XXX‘-Theater in der 42. Straße zeigen sie sowieso schon eine Bootleg-Version davon – und du siehst nicht alberner aus als ich!“ Das Teenie-Geschrei an diesem Abend war unglaublich. So etwas habe ich seitdem nie wieder erlebt.

Denkst du nicht, dass du dich mit Schminke und Hosenanzug gut in Bowies Band gemacht hättest?
Nee. Und ich bin niemand, der ständig irgendwelchen Gruppen, Organisationen oder eben Bands beitritt. Dabei gab es genug Angebote: Selbst Pink Floyd wollten mich, aber sie trauten sich nicht mal, mich direkt zu fragen. Die Rolling Stones haben auch mal angeklopft (als sie auf der Suche nach einem Ersatz für Mick Taylor waren – Anm.d. Red.). Und zuge­geben: Es war zur dama­ligen Zeit ja wirklich verlockend, und ich habe auch ernsthaft drüber nachgedacht. Doch am Ende interes­sierte ich mich doch mehr für mein Projekt mit Billy Cobham (Jazz-Drummer aus Panama, Anm.d.Red.) und Jan Hammer (tsche­chischer Jazz/Fu- sion-Pianist, Anm.d.Red.). Außerdem wollte ich nicht mein Leben damit verbringen, ›Brown Su- gar‹ zu spie­len. Die besten Stones-Platten gab es schon – und das ist vor allem Mick Taylor zu verdanken. Er gab ihnen viel, hatte einen ganz eigenen Stil. Außerdem kam ich mit der lockeren Arbeitseinstellung der Stones nicht klar. Während der Proben bekam ich Mick Jagger kaum zu Gesicht. Und wenn er doch mal da war, hat irgendjemand anders Scheiße gebaut. Ich war dort, um zu arbeiten, und sie fragten: „Sollen wir nach Las Vegas rüberdüsen? Oder nach Barbados?“ Nein, nein. Ich hätte ihnen gerne Disziplin verabreicht – und zwar flaschenweise. Es muss so laufen: erst die verdammte Arbeit, dann das Vergnügen.

Dein neues Album ist ein Tribut an die unlängst verstorbene Gitarrenlegende Les Paul. Was bedeutet er dir?
Eine Menge. Traurigerweise ist er zu früh von uns gegangen, um dieses Album noch hören zu können. Les Paul war ein enormer Einfluss für mich. Ich habe seine Alben geschätzt und all seine tonalen Variationen faktisch absorbiert. Seine Musik bleibt unvergessen, es ist weit mehr als ein primitives Rock’n’Roll-Ding. Er hatte einfach Klasse! Seine Bendings auf der Gitarre waren vorzülich, seine Läufe fabelhaft. Obendrein harmonierte er perfekt mit seiner Sängerin Mary Ford. Imelda May kriegt das auf den Tribute-Songs übrigens ebenso gut hin. Diese Ära erinnert mich an eine Zeit der Unschuld, als es noch täglich neue, auf-regende Musik gab. Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich gedacht, dass ich jemals meine Heimat Surrey verlassen würde. Damals war es das Größte für mich, Vinyl zu kaufen – und damit die Schulmädchen im Ort zu beeindrucken.

Max Bell

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