Mit neuem Gitarristen zurück zu den Anfängen: Die deutsche Metal-Ikonen Grave Digger setzen mit ihrem neuen Album THE CLANS WILL RISE AGAIN auf traditionelle Power-Riffs.
Mitunter sind zunächst zwei Schritte rückwärts erforderlich, um einen Schritt vorwärts machen zu können: Nach dem Ausstieg ihres Gitarristen Manni Schmidt haben Grave Digger die Phase experimentellerer Metal-Riffs beendet und kehren mit Schmidts Nachfolger Axel Ritt zu ihren eigenen Anfängen zurück. Den Fans dürfte es Recht sein, denn obwohl Schmidts Spielweise der Band einige echte Glanzstücke bescherte, stießen dessen progressivere Direktiven auf ein durchwachsenes Echo. „Mir persönlich hat es durchaus gefallen, aber die Fans reagierten eher differenziert, weil es einfach nicht mehr der typische Grave Digger-Sound war“, bestätigt Bassist Jens Becker mittlerweile die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirkung. Deshalb waren sich Becker, Sänger Chris Boltendahl und Schlagzeug Stefan Arnold einig, dass mit Ritt der zuletzt eingeschlagene Weg korrigiert werden soll. Und zwar in eine Richtung, die vor allem von Gitarrist Uwe Lulis bestimmt worden ist. Der Gitarrist prägte von 1986 bis 1999 die stilistische Ausrichtung der Gruppe, verließ Grave Digger dann jedoch im Streit und formierte seine eigene Band Rebellion, deren Namen auf eine gleichlautende Totengräber-Single zurückgeht. „Wir wollten die Chance nutzen, mal wieder ein klassisches Grave Digger-Album aufzunehmen. Also zurück zur Lulis-Ära, aber nicht erzwungenermaßen, sondern weil es sich durch Axels Riffs von allein ergibt.“
Grave Digger orientieren sich nun also wieder an eigenen Klassikern, das neue Album nennt sich THE CLANS WILL RISE AGAIN und ist laut Frontmann Boltendahl ein deutlich bodenständigeres Opus als die Alben RHEINGOLD (2003) oder BALLADS OF A HANGMAN (2009), die maßgeblich von Schmidt geprägt wurden. „Für mich ist die neue Scheibe eine musikalische Fortsetzung von TUNES OF WAR, allerdings nicht in Form eines Konzeptalbums“, erklärt er. „Es sind einfach Texte über Schottland und seine Geschichte, über seine Sagen und Mythen.“
Gespannt sein kann man also, wie die vereinte Fangemeinde auf Neuzugang Axel Ritt reagiert. Der Frankfurter gehört zu den profiliertesten deutschen Metal-Gitarristen, war bislang Kopf der Melodic-Metaller Domain und ist Repräsentant einer eigenen Gitarren-Serie. Als erfahrener Musiker weiß er genau, worin seine Aufgabe in seiner neuen Band besteht: „Ich muss das Erbe von drei Grave Digger-Gitarristen antreten und will natürlich auf keinen Fall am Fan vorbeispielen“, erklärt er seine Herangehensweise und gibt schon mal das erklärte Ziel preis: „Ich hoffe, dass die Leute sagen: ‚Gefällt mir, die neuen Einflüsse passen zu Grave Digger, aber die wichtigen Eckpfeiler der Songs sind nicht versaut!‘“
Angesichts des Resultats darf Ritt durchaus optimistisch sein: THE CLANS WILL RISE AGAIN verbindet auf durchaus überzeugende Weise Gegenwart mit Vergangenheit und animiert auch Ritts jetzigen Chef Boltendahl zu einer unmissverständlichen Lobeshymne: „Axel hat mit seiner positiven Ausstrahlung neue Energien bei uns freigesetzt.“