25.05.1976: Mithilfe von Mickie Most wagt Chris Spedding ein Reset als Retro-50s-Rock’n’Roller
Schlicht mit einem virtuosen Multitalent gesegnet, erweist sich der Brite Chris Spedding bis in die Gegenwart als künstlerisches Chamäleon. In erster Linie Gitarrist, zeigte Spedding auch Potenzial als stilistisch überaus weltoffener Vokalist, Komponist und Produzent: Mit der Progressive-Rock-Combo Battered Ornaments trat er im Juli 1969 als Vorprogramm der Rolling Stones im Hyde Park an, puren Jazz fabrizierte er sowohl im Frank Ricotti Quartet als auch in Nucleus. Zudem assistierte er Jack Bruce bei zwei seiner Solo-LPs. Speddings instrumentales Solodebüt, SONGS WITHOUT WORDS (1970), erschien zwar nur in Japan, aber rasch folgten BACKWOOD PROGRESSION (1971) und ONLY LICK I KNOW (1972).
Parallel dazu erfolgten der Durchbruch in der Londoner Studioszene als häufig gebuchter Sessiongitarrist, die Formation einer Band mit Sänger Snips und Ex-Free-Bassist Andy Fraser namens Sharks sowie Engagements in Studio- und Tourensembles von u. a. Bryan Ferry, John Cale und Roy Harper. Auch bei Mike Batts Projekt The Wombles half er aus. Wie zuvor schon Jeff Beck, begab sich auch Spedding in die Hände von Produzent und RAK-Labeleigner Mickie Most: Kurz nachdem Chris die ersten Demos von The Sex Pistols produzierte (nach wie vor wird gemunkelt, es sei Spedding, den man auf NEVER MIND THE BOLLOCKS an Gitarre und Bass hört), erschien seine LP CHRIS SPEDDING. Hier präsentierte er sowohl auf dem Cover (im pinkfarbenen Vivienne-Westwood-Anzug gekleidet), als auch beim Inhalt eine völlig neue Facette. Retro-50ies-Style Rock’n’Roll im Elvis-Presley-Look mit Ohrwurmgarantie. Vier Auskopplungen – ›Motorbikin’‹, ›Jump In My Car‹, ›Guitar Jamboree‹ und › New Girl In The Neighbourhood‹ – hielten die gewohnt catchy von Most produzierten elf Songs bereit.
Spedding tourte durch die europäische TV-Landschaft, spielte hernach für Mosts RAK Records noch die
ebenfalls exzellenten, nunmehr auch auf Punk und New Wave erweiterten Alben HURT (1977), GUITAR GRAFFITI (1978) und I’M NOT LIKE EVERYBODY ELSE (1980) ein.