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Titelstory: Nirvana – Das letzte Jahr der Grunge-Legende

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Titelstory: Nirvana – Das letzte Jahr der Grunge-Legende

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Doch die Band bleibt hart: „Natürlich wollen sie ein zweites NEVERMIND“, weiß Cobain, „aber ich würde lieber sterben als das zu machen. IN UTERO ist genau das Album, das ich als Fan kaufen würde.“ Ein paar Wochen später hegen jedoch auch er, Novoselic und Grohl Zweifel am Sound ihres Drittwerks – Bass und Gesang erscheinen zu leise und man bittet Albini, das Album noch einmal neu zu mixen. Gerüchte kommen auf, die Band würde sich dem Label-Druck beugen, und Albini zeigt sich wenig begeistert davon, dass Produzent Scott Litt mit einem Remix der ersten beiden Album-Singles ›Heart-Shaped Box‹ und ›All Apologies‹ beauftragt und beim Mastering die Lautstärke von Novoselics Bass und Cobains Stimme angehoben wird. Geffen-Chef Ed Rosenblatt sieht sich gar gezwungen, ein offizielles Statement herauszugeben: „Wir werden genau das Album veröffentlichen, das die Band uns abliefert.“

Viel Tohuwabohu um das dritte und leider auch letzte Studioalbum der Grunge-Paten aus Seattle, das schließlich am 13. September 1993 veröffentlicht wird und wie sein Vorgänger die Pole Position der US-Charts besetzt. Kommerziell zwar nicht annähernd so erfolgreich wie NEVERMIND, ist es doch ein außergewöhnliches künstlerisches Statement wider den Mainstream: „Wir sind Nirvana, und wir lassen und nicht instrumentalisieren“, scheint es zu schreien. In den Texten verarbeitet Cobain traumatische Erlebnisse aus seiner Kindheit (wie die Trennung seiner Eltern, als er sieben Jahre alt war) sowie sein gespaltenes Verhältnis zu Startum und der Presse. „Teenage angst has paid off well, now I’m bored and old. Self-appointed judges judge, more than they have sold“ – so die ersten Sätze des Album-Openers ›Serve The Servants‹.

Grohl sagt über Cobains geistige Triebfeder der IN UTERO-Lyrics: „Es ist keine Teenage-Angst mehr, die aus seinen Texten spricht. Es ist die Rockstar-Angst.“ Seine Tagebucheinträge sind längst von einer latenten Todessehnsucht durchzogen und auch die Tatsache, dass er das Album ursprünglich „I Hate Myself And Want To Die“ nennen wollte, darf als Hinweis auf das unvermeidliche Schicksal der kreativen selbstdestruktiven Kraft hinter der Band Nirvana gesehen werden. Auch wenn es nur als zynische Provokation gedacht war, spiegelt es doch auf bittere Weise den Geisteszustand des Sängers wider.

Im Anschluss an die Albumveröffentlichung gehen Nirvana im Oktober 1993 erstmals seit zwei Jahren wieder auf US-Tournee und nehmen im November in den Sony Music Studios ihr legendäres Live-Album MTV UNPLUGGED IN NEW YORK auf, bei dem Cobain zwar erstaunlich gut gelaunt, aber auch sichtlich ausgemergelt wirkt. Körperlich ist der 26-Jährige längst ein Wrack und seit einigen Jahren heroinabhängig: Schon Anfang 1992 versucht er sich angesichts der bevorstehenden Geburt seiner Tochter an einer Entziehungskur, wird im Laufe seiner letzten Jahre aber dennoch mehrmals mit einer Überdosis eingeliefert.

Wobei seine Abhängigkeit in direktem Zusammenhang mit einem langjährigen Magenleiden steht, das ihm unglaubliche Schmerzen beschert, nicht diagnostiziert werden kann und laut Cobain selbst psychosomatisch bedingt ist. Dies wiederum führt zu einer Wechselwirkung mit seiner Kreativität, denn einen Großteil des Schmerzes, der seine Musik durchzieht, schöpft er aus seinem physischen Leid: „Meistens singe ich direkt aus meinem Magen“, erklärt Cobain, „von genau dort, wo der Schmerz sitzt, der sich aus meiner Wut und dem Schreien speist. Außerdem habe ich eine Wirbelsäulenverkrümmung, die mir ständig Rückenschmerzen bereitet und somit zum Schmerz in unserer Musik beiträgt. Irgendwie bin ich fast dankbar dafür.“

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