Schöngeistiger Folk vom Allerfeinsten – besser geht’s nicht.
BEFORE THIS WORLD nennt James Taylor sein neues Album – das erste offizielle Studioalbum seit 13 Jahren, und damit so etwas wie eine kleine, leise Sensation. Nicht nur deshalb, denn die zehn Tracks sind auch musikalisch, atmosphärisch und inhaltlich schlichtweg sensationell. Es ist: Songwriting in Vollendung. Okay, man kann Songs anders schreiben, sicher aber nicht besser. Und auch nicht besser umsetzen. Auch weil es dem 67-Jährigen aus Boston im Verlauf des Albums gelingt, eine geradezu magische, fast schon unwirkliche Aura zu kreieren. Auch wenn sich die Titel in ihrer zurückhaltend elegischen Stimmung ähnlich sind, bleibt das Werk abwechslungsreich und voller, mitunter diskret versteckter Überraschungen. Zwei dieser Überraschungseier heißen ›You And I Again‹ und ›Before This World/Jolly Springtime‹ – Kammer-Folk-Perlen, bei denen Klassik-Star Yo-Yo Ma am Cello mitwirkt. Beim Titeltrack steuert Sting herrliche Vocals bei. Doch auch ohne zusätzliche Star-Power erfüllen die musikalischen Leistungen der Akteure mühelos alle Kriterien des Superlativs. Immerhin gehören zu seiner Live- und Studioband Ausnahmekönner wie Drummer Steve Gadd und Gitarrist Michael Landau. Ihre bewundernswert disziplinierte, dabei aber stets akzentuierte Spielweise sollte jedem Hobby-Musiker als Anschauungsunterricht dienen. Man nehme nur den flotten, im Zweivierteltakt gehalten Folk-Rocker ›Watchin’ Over Me‹. Gelegentlich flirtet Taylor auch mit Country- und Bluegrass-Roots, und weiß auch hier zu brillieren, wie das gefühlvolle ›Wild Mountain Thyme‹ und der Wohlfühl-Opener ›Today Today Today‹ belegen. Am anderen Ende der Dynamik-Skala steht das jazzige, funkige, mit seinen komplexen Harmonien an Steely Dan erinnernde ›Stretch Of The Highway‹. Hier zeigen sich Taylor & Co. ausnahmsweise von ihrer weltlichen Seite – um aber mit der über fünfminütigen Harmonie-Orgie ›Snow Time‹ schnurstracks wieder zu entschwinden: in eine andere, in eine bessere Welt …