Simple Minds: Im zweiten Frühling

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Simple Minds: Im zweiten Frühling

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Wie denkst du über den Erfolg Ende der 80er/Anfang der 90er? Über die Zeit, in der Simple Minds Superstars waren? Vermisst du die?
Wenn ich an die Stadionrock-Jahre denke, dann vor allem an Live Aid, das Mandela-Konzert und an MTV. An diese monströsen 80er- Jahre-Sachen – und wie glücklich wir uns schätzen dürfen, sie erlebt zu haben. Nur: Damals habe ich das anders gesehen. Ich weiß es erst jetzt zu würdigen. Denn zu der Zeit herrschte eine Menge Druck und wir waren wie Gefangene unseres Erfolgs. Aber wahrscheinlich denkt jetzt jeder: „Worüber be­­schwert sich der Kerl?“

Klingt, als wäre das ein Betriebsunfall oder ein Missverständnis gewesen?
Wir standen vor der Tür zur ersten Liga – um es mal so zu formulieren. Einfach, weil wir Alben hatten, die uns dahin geführt haben. Und weil wir in immer größeren Hallen spielten. Doch plötzlich war da ›Don’t You‹, das wie aus dem Nichts kam und mit dem Film „Breakfast Club“ einherging. Das sollte eigentlich nur eine Kleinigkeit nebenbei sein. Aber es hatte ein solches Momentum, dass es besagte Tür nicht nur öffnete, es hat sie regelrecht eingetreten. Das war ebenfalls Ironie – also, dass wir das Stück nicht einmal selbst geschrieben haben. Und als wir diese große Plattform erreichten, hat uns das ziemlich beeinträchtigt. Wir sind die Musik anders angegangen und haben versucht, uns mit großen Dingen zu befassen – mit Apartheid, mit Belfast und so weiter. Wenn die Leute im Nachhinein sagen: „Dafür haben sie ihren Erfolg benutzt“ – dann ist das gut!

Simple Minds live im SchwuZ

Demnach besitzt du keine Einkaufszentren in Lettland und parkst kein Geld in Steueroasen?
(lacht) Oh Mann! Vielleicht haben wir wirklich Glück gehabt, dass uns das erspart geblieben ist. Denn in den 90ern sind wir fast gestorben. Wir haben kaum Songs geschrieben und eine Zeitlang sah es wirklich so aus, als wäre es vorbei. Wir haben so viel Profil verloren, dass wir quasi noch mal von vorne anfangen mussten. Aber jetzt sind wir wieder voller Energie und arbeiten sogar schon am nächsten Album. Insofern ist es ganz gut, dass wir einen Schritt zurück machen mussten und nicht die Fehler unserer Kollegen begangen haben.

Also ist es wichtig, mal auf dem Allerwertesten zu landen?
Auf jeden Fall! Darauf basieren die großen Ge­­schichten der Menschheit. Eine davon ist Aschenputtel. Die andere diese Comeback-Nummer – wie der alte Boxer, der in den Seilen hängt und doch wieder auf die Beine kommt. Ich denke, das gilt auch für die Simple Minds.

Zeigt das neue Album, wer ihr wirklich seid? Eine Band, die gerne mit elektronischen Klängen experimentiert und die Fahne des New Wave hochhält?
Das Besondere ist, dass die Leute die unterschiedlichsten Dinge in uns sehen. Für einige sind wir New Romantics, für andere Post-Punk, Stadion-Rock, eine Elektro-Band oder eine Pop-Formation. Für mich sind die Simple Minds eher Art Rock. Es ist toll, wenn man das dem neuen Album an­­hört. Nur: Letztlich ver­­su­chen wir im­­mer, Me­­­lodien zu schreiben, die die Leute mitsingen können.
Ob das auch diesmal gelungen ist, wird sich spätestens im Juli und August zeigen, wenn ihr durch Deutschland tourt. Was erwartet uns da?
Wir werden das Album spielen und darüber reden.

Wie bitte?
Wir werden uns nicht nur hinstellen und die neuen Stücke bringen, sondern auch erklären, worum es darin geht, warum wir sie geschrieben haben und wieso es wichtig ist, weiterhin Musik zu machen. Aber wir werden natürlich auch ein paar Klassiker unterbringen. Und Stücke, die man eher nicht von uns erwartet – also einige Raritäten aus unserem Katalog. Eben, um die Verbindung zwischen dem Art-Rock der 70er und der Gegenwart zu verdeutlichen. Also, dass wir eine Tradition fortsetzen, die mittlerweile ein bisschen in Vergessenheit ge­­raten ist.

Das klingt nach einer Mission.
(lacht) Das ist es auch: Wir wollen zeigen, wer wir sind und was wir alles gemacht haben – aber ohne die Leute komplett zu überfordern. Deshalb bringen wir nicht 13 oder 14 neue Stücke, sondern nur sieben oder acht.

Du selbst gehst stramm auf die 60 zu. Ein beängstigender Gedanke?
Nein, nicht angsteinflößend. Und ich denke viel darüber nach, weil die Band nach einem Drei-Jahres-Plan arbeitet. Als wir anfingen, gab es keine alten Leute in der Branche – abgesehen von den Blues-Jungs. Die haben das eben so lange gemacht, wie sie konnten. Und keiner wäre je auf den Gedanken gekommen, sie zu fragen: „Warum macht ihr das?“ Man musste ihnen nur ins Gesicht schauen, schon war klar: „Sie tun das, weil es ihr Ding ist.“ Und weil sie die Welt so sehen. Wenn ich die 60 erreiche und wir immer noch spielen und touren – was sehr wahrscheinlich ist, weil wir so weit im Voraus gebucht sind – würde ich sagen: „Gibt es etwas Schöneres, als sein Leben mit Musik zu verbringen? Was für ein Glück wir doch haben!“

Also hast du nicht vor, dich irgendwann auf dein Hotel auf Sizilien zu konzentrieren – in bester „Fawlty Towers“-Manier?
(kichert) Nein! Der Ort wird von Profis geleitet. Zum Glück! Und ich fürchte, die würden mir keinen Job geben – abgesehen davon, dass ich zu teuer wäre. Außerdem ist es wirklich so: Wenn du mit zwölf Jahren angefangen hast, Songs zu schreiben, ziehst du dich nicht irgendwann einfach zu­­rück. Es ist das, was du bist.

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