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Rückblende: The Troggs ›Wild Thing‹

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Rückblende: The Troggs ›Wild Thing‹

The Troggs haben den Song zwar nicht komponiert, aber dafür gesorgt, dass ihn jeder kennt: ›Wild Thing‹ ist untrennbar mit den Troggs verbunden. Doch geschrieben hat den Hit ein anderer: Chip Taylor.

Der am häufigsten nachgespielte Rock-Song aller Zeiten ist mit Sicherheit ›Yesterday‹. Doch was kommt danach? Die Chancen stehen gut, dass auf Platz zwei der meistgecoverten Stücke ›Wild Thing‹ thront. Geschrieben worden ist der Kracher von Chip Taylor, doch ins Rampenlicht geschubst haben ihn andere, nämlich die Band The Troggs. Sie sind die Ersten in einer langen Reihe von Künstlern, die sich an ›Wild Thing‹ versucht haben – und in ihrem Fall ist die Interpretation ein voller Erfolg: In Großbritannien erreichen sie im Jahr 1966 damit Platz zwei der Single-Charts, in den USA erklimmen sie sogar die Spitzenposition. Danach geht es Schlag auf Schlag in Sachen ›Wild Thing‹: Jimi Hendrix, Fancy, Sam Kinison, Prince, X, Warren Zevon oder Bruce Springsteen – die Liste der Cover-Helden ist lang und illuster. Für sie ist der Track die Essenz des Rock ’n’Roll: wild, zügellos, energiegeladen.

Der Komponist Chip Taylor, bürgerlich James Wesley Voight und Bruder des Schauspielers Jon Voight, geht sogar noch einen Schritt weiter. Er betrachtet ›Wild Thing‹ nicht nur als rebellisches Statement, sondern ist auch der Ansicht, dass das Lied einen elementaren musikhistorischen und auch gesellschaftlichen Beitrag ge-leistet hat. „Ich glaube sogar, dass kein anderes Stück so oft nachgespielt worden ist wie ›Wild Thing‹“, setzt er an. „Und zwar allein aus dem Grund, weil Tausende von Teenagern mit ihm das Gitarrenspielen erlernt haben.“ Einfach einzustudieren, also perfekt für einen jungen Ro-cker, der das Ziel hat, die Welt im Sturm zu er-obern. Aber eben auch kraftstrotzend und cool, was wiederum die etablierten Musiker veranlasst, sich den Song anzueignen und nach ihrem Gusto umzuformen

Doch bei aller Leichtigkeit, die ›Wild Thing‹ in all seinen Varianten versprüht – oberflächlich und geistlos ist der Song keineswegs. „Ich nehme alle meine Lieder sehr ernst“, betont Taylor. „›Wild Thing‹ ist ein ehrlicher, direkter Track, in dem nicht lange um den heißen Brei herumgeredet wird. Sicher, wenn man den Text genau betrachtet und hinterfragt, steckt nicht besonders viel Substanz dahinter. Aber zu der Zeit, als ich ihn geschrieben habe, bedeutete er mir sehr viel, und daher war ich Feuereifer bei der Sache.“

Im Jahr 1965, als Chip Taylor ›Wild Thing‹ verfasst, hat er sich bereits einen Namen als Komponist für den Verlag April Blackwood Music gemacht. Er komponiert hauptsächlich Country-Songs, unter anderem für Johnny Cash, Willie Nelson oder Chet Atkins. Da er, wie er heute selbst zugibt, „nicht besonders viele Ak-korde drauf hatte“, hält er seine Stücke stets simpel, was ihnen einen markanten, eingängigen Charakter verleiht. Da er seinen musikalischen Horizont erweitern möchte, nimmt er ein Angebot des A&R-Manns Gerry Granahan an. Der bittet ihn, für seine neueste Entdeckung Jordan Christopher & The Wild Ones einen Rock’n’Roll-Song zu schreiben.

Taylor hat bereits einige Songs in der Schublade, doch Granahans Vertrauen ehrt ihn, sodass er spontan anbietet, ein brandneues Stück zu komponieren. Einziges Problem: Zwischen dem Anruf des A&Rs und der Abgabe des fertigen Lieds liegen nicht einmal 24 Stunden. „Ich lachte, als ich das hörte“, erinnert sich Taylor. „Dann antwortete ich Gerry: ‚Na, dann lass mich doch mal sehen, ob ich in dieser kurzen Zeit etwas Vernünftiges zu Stande bringe!‘“

Er legt auf und schnappt sich sofort die Gitarre. Binnen weniger Minuten ist er völlig versunken in die Musik. Und dann ist sie da: die Akkordfolge, die ihn sein Leben lang nicht mehr loslassen wird. Taylor weiß sofort, dass er einen Treffer gelandet hat. Doch das allein reicht nicht. Ein Song wird vielleicht durch eine Akkordfolge definiert – aber eine Akkordfolge allein ist noch kein Song. „Ich steckte zu tief drin in der Sache. Das blockierte meine Kreativität. Ich hatte keine Ahnung, wie ich diesen phänomenalen Einstieg weiter ausbauen sollte. An eine zweite Strophe war nicht zu denken“, sagt er noch heute mit Schaudern.

Doch Chip Taylor muss eine Entscheidung treffen. Zwischen Granahans Anruf um 14 und dem gebuchten Studiotermin um 17 Uhr bleibt ihm keine Zeit mehr, um noch lange an neuen Ideen herumzubasteln. Handeln ist gefragt. Also macht er sich auf den Weg in den Aufnahmeraum – und nimmt sich das Motto der Blueser zu Herzen: Improvisation ist alles. Als er in den Dick Charles-Studios ankommt, ist alles so vorbereitet, wie er es mit dem Tontechniker Ron Johnson vorher kurz am Telefon besprochen hat. Die Mikros sind in Position, es kann losgehen. Taylor setzt sich auf einen Stuhl und bittet Johnson, das Licht zu dimmen. „Ich hatte keine Ahnung, was als Nächstes passieren sollte. Also entschloss ich mich, alles einfach laufen zu lassen. Ganz so, als wäre es das Natürlichste der Welt. Es ging nur um die Emotion, um sonst nichts.“

Fünf Minuten später ertönen die letzten, unsterblichen Zeilen von ›Wild Thing‹: „Wild thing I think I love you/But I wanna know for sure/ So come on and hold me tight/You move me“.
Als alles im Kasten ist, kann sich Taylor kaum beruhigen, so aufgeregt ist er. Der Song gefällt ihm, er ist stolz, ihn in so kurzer Zeit aus dem Ärmel geschüttelt zu haben. Auf der anderen Seite beunruhigt es ihn auch ein wenig, dass er zu einem solchen Gefühlsausbruch überhaupt in der Lage ist – hier zeigt die strenge katholische Erziehung der Eltern doch noch ihre Wirkung.

Doch es ist geschafft: ›Wild Thing‹ lebt. Allerdings weiß das zunächst kaum jemand. Denn die Version der Wild Ones will niemand hören. Es scheint, als wäre all die Mühe vergebens gewesen. Weit gefehlt. Die Demos werden nach England geschickt, wo sie dem Produzenten Larry Page in die Hände fallen. Page hat gerade damit begonnen, die Geschicke der Troggs zu lenken – und ›Wild Thing‹ gefällt ihm. Noch begeisterter ist jedoch die Band selbst. Sie setzt sich dafür sein, dass nicht – wie ursprünglich angedacht – ›Did You Ever Have To Make Up Your Mind‹ von Lovin’ Spoonful auf die A-Seite ihrer Single kommt, sondern ›Wild Thing‹. Ihre Version, eingespielt innerhalb von gerade zehn Minuten, schafft es auf Platz eins der Billboard-Charts und erobert in ihrer Heimat England Platz zwei.

So kommt es, dass Chip Taylor dank ›Wild Thing‹ ausgesorgt hat. Doch obwohl er nicht mehr als Musiker beziehungsweise Songwriter arbeiten müsste, ist er der Musik bis heute treu geblieben. Er tritt noch immer live auf – und natürlich gibt es keinen Konzertabend, bei dem ›Wild Thing‹ nicht Teil des Sets ist. Taylor stört das aber, im Gegenteil. Jedes Mal, wenn er das Lied aufführt, erinnert er sich daran zurück, wie er sich damals im Studio gefühlt hat: „Es ist immer noch genau so wie damals, dieselben Emotionen. Wenn ich ›Wild Thing‹ singe und spiele, glühe ich innerlich.“

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