0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

Titelstory: Frank Zappa – Der fabelhaft freigeistige Freak-Bruder!

-

Titelstory: Frank Zappa – Der fabelhaft freigeistige Freak-Bruder!

Photo of Frank ZappaKein Mann ist eine Insel – nicht mal Frank Zappa. Und er würde die Hilfe anderer gleichgesinnter Einzelgänger benötigen, um sich auf das konzentrieren zu können, was er tun wollte. Vorhang auf für die talentierteste, missverstandenste, am abstoßendsten gekleidete, aber am treffendsten benannte Band im Rock’n’Roll-Pantheon: die Mothers Of Invention. Roy Estrada, ihr erster Bassist, brachte in einem Kommentar die Verbitterung zum Ausdruck, die verständlicherweise die Erinnerungen vieler Bandmitglieder an ihre Zusammenarbeit mit Zappa charakterisieren würde: „Frank schloss sich uns an, nicht umgekehrt.“

Das ist wahr – aber nur teilweise. Als Zappa 1965 als Gitarrist zusammen mit Sänger Ray Collins einstieg, hießen sie noch Soul Giants. Er hatte schon ein paar Stücke unter Psyeudonymen wie The Heartbreakers und Baby Ray & The Ferns veröffentlicht. Die Soul Giants waren eine talentierte, aber wenig experimentierfreudige Wochenend-Bar-Band, die in einem Club namens The Broadside in Inglewood, einer heruntergekommenen Vorstadt von Los Angeles, Coverversionen spielte. Zappa, Sternzeichen Schütze – ein Feuerzeichen – und mit einem planetengroßen Gehirn, würde das alles ändern. „Ich schlug vor, dass wir unser eigenes Material entwickeln und versuchen, einen Plattenvertrag zu kriegen“, erinnerte er sich später. „Der damalige Bandleader, ein Typ namens Davey Coronado, sagte: ‘Nie im Leben. Wenn du Originalmaterial lernst, werden dich die Bars nicht engagieren.’ Also stieg er aus. Und er hatte Recht. Wir blieben zusammen, änderten unseren Namen in Mothers und wurden gefeuert.“

Keine Band hätte je groß genug sein können, damit Frank Zappa einen zweiten Anführer neben sich geduldet hätte. Zum Glück war die Musikwelt Mitte der 60er Jahre ein schnelllebiges Geschäft – das Business war schon mitten in seiner Wandlung von auf Singles fixiertem Pop zu albumorientiertem Rock. Als Tom Wilson – Produzent der frühesten Bob-Dylan-Alben und ursprünglicher musikalischer Mentor von The Velvet Underground – einen frühen Auftritt der Mothers Of Invention auf dem Sunset Strip erwischte, glaubte er eine progressive Rock- und Bluesband zu sehen, ähnlich wie The Doors oder Love, die damals ebenfalls erste Schritte in der Szene machten. Er nahm die Mothers bei MGM-Verve unter Vertrag, ahnunglos, was ihm bevorstand, als Zappa die Band in ein richtiges Aufnahmestudio brachte.

Zappa war zwar kurzzeitig als Produzent für die Doors in Betracht gezogen worden, doch er sah sie und andere L.A.-Acts wie Love als glorifizierte Hippies, die er für „eine sehr konformistische Gruppe mit vorgegebenem Kleidungsstil, Vokabular und Lebenswandel“ hielt. Die Mothers waren etwas anderes: Freaks. Deshalb der Titel ihres ersten Albums: FREAK OUT!

Veröffentlicht im Juni 1966, als Einzelalben noch hauptsächlich aus Singles und Füllmaterial bestanden, war es ein Doppelalbum und in jeder Hinsicht eine Anomalie, selbst in einem Jahr, in dem Meilensteine wie PET SOUNDS von den Beach Boys und REVOLVER von den Beatles erschienen. Das fing schon mit der Innenhülle im Gatefold-Format an, bedruckt mit diversen Kästen voller Danksagungen und Credits, u.a. an Car Franzoni (alias Captain Fuck, selbsternannter Anführer der L.A.-Freak-Szene), Suzy Creamcheese (ein fiktiver Sammelname für alle Groupies, der auf vielen der folgenden Mothers-Alben auftauchen sollte), Kim Fowley („am Hypophon“) oder sogar Zappas Exfrau Kay (als Inspiration zu ›Anyway The Wind Blows‹. FREAK OUT! schien darauf aus, alle zu verwirren außer jenen, die – zumindest metaphorisch – ohnehin schon „freaked out“ waren.

Tom Wilson wurde als Produzent angegeben, doch übergab er bald die Kontrolle, wie letztendlich alle, an Zappa. Wilson hatte ein gute Vorstellung von dem, was ihn erwartete: Er hatte Zappa engagiert, um zwei Stücke für Eric Burden zu produzieren, der diese Erfahrung als „wie mit Hitler arbeiten“ beschrieb. Als Zappa Wilson um 500 Dollar bat, weil er so viele Freaks wie möglich vom Sunset Strip holen wollte, um die Freiform-Musical-Malaise ›The Return Of The Son Of Monster Magnet – Unfinished Ballet In Two Tableaux‹ (Teil 1 hieß „Ritual Dance Of The Child Killer“) einzuspielen, die zur vierten Albumseite werden sollte, zahlte Wilson einfach. Das Leben war zu kurz für solchen Scheiß.

Kaum überraschend war FREAK OUT! kein Hit. Doch seine Botschaft übertraf seine Verkaufszahlen in solchem Maße, dass die Namen Frank Zappa und Mothers Of Invention in der gesamten Alben kaufenden Welt zum Synonym für ein musikalisches Gebaren wurden, das sich nicht den oberflächlichen Vorlieben eines Chart-Publikums anbiederte, sondern den neuen Rock-Connaisseuren gehörte. Leuten, die nicht nur Jimi Hendrix und The Doors hörten, sondern auch John Coltrane und John Cage, vielleicht sogar Bartók und Stockhausen.

Wie der „Melody Maker“ in seiner verspäteten Kritik zu FREAK OUT! im März 1967 schrieb: „Indem sie die gesellschaftlichen Ketten sprengen, sich von ihrer nationalen, sozialen Sklaverei befreien und jegliches Potenzial zur freien Meinungsäußeren nützen, das sie besitzen, werfen die Mothers Of Invention den Moralkodex beiseite wie übrig gebliebene Zuckerwürfel. So veräppeln sie die amerikanische Gesellschaft und treten nicht nur für die freie Liebe ein, sondern einfach für Freheit.“

Was die Plattenverkäufe nicht nennenswert ankurbelte, doch die Mundpropaganda verbreitete sich wie ein Lauffeuer: Sechs Monate später waren die Mothers Headliner in der Londoner Royal Albert Hall.

Die wahre musikalische Identität der Mothers etablierte sich erst auf ihrem zweiten Album ABSOLUTELY FREE, dem ersten mit Keyboarder Don Preston und Saxofonist Bunk Gardner. „Frank und ich hatten die gleiche Plattensammlung“, erinnert sich Preston heute zu Hause in Hollywood. „Aber ich hatte schon einige Jahre außergewöhnliche Musik gemacht. Wir spielten keinen Jazz oder Klassik, wir improvisierten zu eigentümlichen Sachen.“

Die eigentümlichste Sache war das Fahrrad, das Preston (der auch behauptet, den Moog-Synthesizer erfunden zu haben) „Frank spielen lehrte“. Als er sich Zappa anschloss, den er schon seit den frühen 60ern kannte, passte es perfekt. „Ich war einfach überglücklich, solches Material spielen zu können und ein Publikum zu haben, das es sich anhörte, statt es nur in meiner Garage zu spielen“, sagt er. Damals habe es kaum eine Trennung zwischen Band und Bandleader gegeben. „Es machte großen Spaß, mit ihm Zeit zu verbringen und abzuhängen.“

Aufgenommen in nur vier Tagen im November 1966, veröffentlicht vier Monate später im März 1967 und bezeichnet als das erste und zweite „einer Serie von Underground-Oratorien“ (also das, was unsereins als Seite 1 und 2 kennt), wurde ABSOLUTELY FREE zur Blaupause für alles, was Zappa von 1966 bis 1970 in jener Phase aufnahm, die heute als die klassische der Mothers angesehen wird. Was augenscheinlich jazzbeeinflusster Freiform-Rock zu sein schien, war tatsächlich genauestens annotierte neoklassische Musik, hauptsächlich mit elektrischen Instrumenten gespielt und verwoben mit schrägen Gesprächsfetzen, obszönen Kommentaren und einem Sinn für das Absurde, der schon beinahe sinister war.

Das musikalische Ethos der Mothers zeigte sich am besten auf Zappas erstem echten Meisterwerk, ›Brown Shoes Don’t Make It‹ auf Seite 2. Es fängt als bluesige, groovende Acid-Rock-Satire auf die amerikanischen Suburbs an, während Captain Beefheart im Hintergrund knurrt, und schwenkt dann plötzlich in eine Erzählung in der dritten Person über einen bestechlichen Regierungsvertreter um, der davon fantasiert, eine 13-Jährige zu nageln, „rocking and rolling and acting obscene“. Nichts überspielt dabei das aufregende Gefühl, zu beobachten, wie eine Theaterproduktion vor den eigenen Augen auseinanderfällt und nur die Schauspieler übriglässt, die nackt ihren Text lernen. Und dabei versagen.

Weiterlesen

Rock Meets Classic: So sah es bei der Show in Ludwigsburg aus

Bis zum 21. April ist die Reihe "Rock meets Classic" noch in Deutschland auf Tournee. Diesmal mit von der Partie sind Tarja Turunen, John...

CLASSIC ROCK präsentiert: Elliott Brood live

Gerade eben erst haben Elliott Brood ihr neues Album COUNTRY veröffentlicht, demnächst steht das kanadische Alternative-Country-Trio dann auch an vier Terminen auf deutschen Bühnenbrettern. 16.04....

Was macht eigentlich die Marshall Tucker Band?

›Can’t You See‹ aus dem Jahr 1973 erreicht seinerzeit zwar nur Platz 108 in den Billboard-Charts, hat sich aber schon lange zu einem Southern-Rock-Klassiker...

3 Kommentare

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

- Advertisment -