Die Welt war geschockt: In der Nacht auf den 9. August 1969 drangen Unbekannte in die Hollywood-Villa von Roman Polanski ein und töteten dort fünf Menschen, unter ihnen seine hochschwangere Ehefrau Sharon Tate. Bald stellte sich heraus: Hinter den bestialischen Morden steckte ein gewisser Charles Manson, Folkmusiker und Anführer einer kalifornischen Hippie-Kommune. Und schuld an dem Gemetzel sollten die Beatles sein…
Als Charles Manson im Früjahr 1967, rechtzeitig zum Höhepunkt des „Summer of Love“, in San Franciscos Hippieviertel Haight-Ashbury auftauchte, war bereits so ziemlich alles in seinem Leben schiefgegangen, was nur schiefgehen konnte: Mehr als die Hälfte seiner 32 Lebensjahre hatte der 1,57 Meter kleine Mann mit dem buschigen Bart hinter Gittern und in geschlossenen Anstalten zugebracht.
Eine funktionierende Familie hatte er nie gekannt. Geboren am 12. November 1934 in Cincinnati, Ohio, war er bei verschiedenen Verwandten aufgewachsen und schließlich im Erziehungsheim gelandet. Mit sechzehn dann die erste Haftstrafe, seine Karriere pendelte fortan zwischen Knast und Besserungsanstalten, unterbrochen nur von kurzen Pausen in Freiheit. 1960 schien Mansons Schicksal endgültig besiegelt, als er wegen Zuhälterei und diverser weiterer Delikte wie Diebstahl, Betrug und Verstoß gegen die Bewährungsauflagen zu einer zehnjährigen Haftstrafe verdonnert wurde.
Am 21. März 1967 entließ man ihn vorzeitig – es war der Beginn eines so unglaublichen wie monströsen Horrortrips, der erst knapp zweieinhalb Jahre später, am 12. Oktober 1969 mit seiner erneuten Verhaftung endete. Im Gefängnis hatte Manson nicht nur sein Talent entdeckt, andere Menschen beliebig zu manipulieren, er hatte auch das Gitarrenspiel erlernt. Sein Lehrer soll Alvin Karpis gewesen sein, seines Zeichens ein Mitglied der berüchtigten Barker/Karpis-Bande (die deutsche Popgruppe Boney M setzte der Bandenchefin Ma Barker 1977 mit dem Hit ›Ma Baker‹ ein Denkmal). Also versuchte sich Manson zunächst als Straßenmusiker in San Francisco.
Mit mittelprächtigem Erfolg, man ließ ihn hier und da auftreten. Ansonsten aber begann er nun einen Harem von jungen Mädchen, vorzugsweise schlank und rothaarig, um sich zu versammeln. Der US-Autor und Musiker Ed Sanders beschrieb den Manson jener Zeit in seinem Buch „The Family“ (Rowohlt 1972) so: „…Er war ein kleiner, redegewandter, schmieriger Kerl, der sich mit seiner Gitarre an junge Mädchen heranmachte, die er mit Gurugeschwätz und Mystizismen zu beeindrucken versuchte – eine Taktik, die damals im Haight-Ashbury mit Erfolg betrieben wurde.“ Dort schließlich wimmelte es von jugendlichen Ausreißern, die aus ihrem bürgerlichen Vorstadtleben ausbrechen wollten. Manson, der sich mit Sprüchen wie „Ich bin der Gott des Ficks“ vorzustellen pflegte, hatte bald schon eine Gruppe ihm ergebener junger Frauen um sich geschart. Und mit denen zog er nun an der Westküste entlang, bis er schließlich in Los Angeles landete. Dort nahmen die Dinge nun ihren fatalen Lauf.
Zunächst war die Family, wie Manson seine Gang nannte, im Topanga Canyon untergekommen, im Frühjahr 1968 aber waren zwei seiner Mädchen beim Trampen von Beach Boy Dennis Wilson mitgenommen worden. In der Folge hatte sich Manson an Wilson herangemacht, dessen Vertrauen gewonnen und sich mitsamt Harem in dessen Villa eingenistet. Wilson jammte mit Manson und finanzierte aufwendige Demosessions für seinen neuen Freund. Es wurden Kontakte geknüpft, unter anderem zu Byrds-Produzent Terry Melcher, und Manson sah sich schon als kommenden Rockstar. Bis Wilson, den seine neuen Mitbewohner inzwischen gut 100.000 Dollar gekostet hatten, die Nase voll hatte und alle rauswarf. Melcher hatte unterdessen das Interesse an Manson schon wieder verloren.