The Beatles – SGT. PEPPER‘S LONELY HEARTS CLUB BAND (ANNIVERSARY EDITION)

-

The Beatles – SGT. PEPPER‘S LONELY HEARTS CLUB BAND (ANNIVERSARY EDITION)

sgt pepperWenn der Sergeant 50 wird, muss natürlich gefeiert werden. Idealerweise mit Jubiläumsausgaben in diversen Formaten.

Natürlich ist es schwierig, ein einzelnes Al­­bum zum Stellvertreter für die Rock-Kultur eines kompletten Jahrzehnts zu er­­­klären. Ob es überhaupt sinnvoll wäre, steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber wer erfahren möchte, wie Rockmusik in den 60er-Jahren klingen konnte, wenn innovationsfreudige Musiker und Produzenten tätig wurden, die ganz irdischen Zwängen der Sorte „Zeit“, „Geld“ und „Publikums­erwartung“ nahezu vollends entrückt waren, ist mit SGT. PEPPERS‘S LONELY HEARTS CLUB BAND traditionell gut bedient.

Zum 50. Geburtstag erscheint das Werk in angemessen vielfältigen Versionen, von der Einfach-CD mit originalem Tracklist im neuen Stereo-Mix über die Deluxe-Edition auf zwei CDs mitsamt Alternativ-Takes und 50-seitigem Buch bis hin zur Doppel-LP mit besagten Outtakes auf zu­­sätzlicher CD. Den Gipfel der Genüsse markiert naturgemäß die „Super Deluxe Box“ mit vier CDs, Blu-ray und DVD, die dann auch einen 5.1.-Surround-Mix, die restaurierten Promo-Videos in 4K, eine Do­­ku­­mentation von 1992, Interviews und ein 144-seitiges Buch offenbart. An dieser Stelle rezensiert wird die Doppel-CD-Ausgabe, deren 13 Original­songs natürlich längst Allgemeingut sind.

Die An­­zahl jener CLASSIC-ROCK-Leser, die noch nie in ihrem Leben von ›When I‘m Sixty-Four‹ oder ›A Day In The Life‹ gehört haben, dürfte vergleichsweise ge­­ring ausfallen. Weshalb wir auf die ausführliche Geschichte auf Seite 34 (in der CLASSIC ROCK-Ausgabe Nr. 61) hinweisen und uns lieber gleich der zweiten CD widmen, die mit 18 Session-Outtakes erfreut. Etwa mit dem Titeltrack ohne Blas­­kapellen-Overdubs und Publikumsgeräuschen, ebenso mit einer Instrumentalfassung von ›With A Little Help From My Friends‹, die sich für Karaoke-Partys empfiehlt: Do the Ringo! Nein, ernsthaft: Bei nahezu allen – teilweise aufs Wesentliche – reduzierten Stücken wird ein Phänomen erkennbar: Es treten Klänge und strukturelle Details zutage, die im Gesamtbild der finalen Versionen oft kaum noch wahrnehmbar sind, was die ganze Angelegenheit auch und gerade für Kenner des Materials interessant macht. Etwa ein recht dominantes E-Piano in ›Getting Better‹, das sonst hinter den Gitarren versteckt ist.

Auch nett: Wenn ›A Day In The Life‹ mit Lennons gemurmeltem „Sugarplum fairy, sugarplum fairy“ beginnt und statt mit dem Piano-Akkord mit einer Art gebrummtem Wikingerchor endet. Und ganz ehrlich: ›Good Morning, Good Morning‹ klingt ohne die zoologischen Overdubs und die Blä­­sersektion á la Motown fast kraftvoller und dringlicher als die offizielle Version. Zu den alternativen Varianten aller 13 Album-Tracks gesellen sich noch zwei zeitgenössische Singles: ›Strawberry Fields Forever‹ ist in drei Fassungen vorhanden, weder Take 6, noch Take 26 überschneiden sich mit den Aufnahmen der Raritätensammlung ANTHOLOGY 2 von 1996, was logischerweise auch für den Ste­reo-Remix von 2015 gilt. ›Penny Lane‹ kommt als trompetenloses Instrumental sowie als Stereo-Re­mix von 2017.

Bleibt die Frage, welche Dar­reichungs­­form der Jubiläumsausgabe die beste Wahl ist. Wer reich geboren wurde, im Lotto ge­­wonnen hat oder eine Gehaltserhöhung erwartet, wird sicher die allumfassende „Super Deluxe Box“ bevorzugen, für den interessierten Mittelstand empfiehlt sich zu­­mindest die „Deluxe Edition“, auf der es wie gesagt auch eine ganze Menge zu entdecken gibt – egal, ob als CD oder LP. Die Standard-Version ist eher für Puristen gedacht, die diesen Klassiker genau so haben möchten, wie er 1967 von den Beatles gedacht war. Nur eben mit besserem Klang.

10/10

The Beatles
SGT. PEPPER‘S LONELY HEARTS CLUB BAND – ANNIVERSARY EDITION
APPLE/UNIVERSAL

Die große Story zum Jubiläum von SGT. PEPPER’S gibt’s in der aktuellen Ausgabe von CLASSIC ROCK…

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Das Neueste

Rock-Mythen: Randy Rhoads – Ozzys Knappe

Am 19. März 1982 verlor die Rockwelt eines ihrer wohl größten Talente: Bei einer Spritztour mit einem Sportflugzeug verunglückte...

In Memoriam: Chuck Berry (1926-2017)

Der Chefentwickler dessen, was man heute landläufig „Rock‘n‘Roll“ nennt, ist 2017 mit 90 Jahren von uns gegangen – und...

Steve Harley: Künstler mit 73 verstorben

Steve Harley ist im Alter von 73 Jahren verstorben. Der Sänger, Songwriter und Anführer der Band Cockney Rebel musste...

Video der Woche: Ryan Gosling, Mark Ronson, Slash & Wolfgang van Halen ›I’m Just Ken‹ (Live From The Oscars 2024)

Wolfgang Van Halen wird heute 33 Jahre alt. Wir möchten den Geburtstag des Sohns von Eddie Van Halen mit...

Dee Snider: Die 13 Lebensweisheiten des Twisted-Sister-Frontmanns

Nach 40 Jahren ließen Twisted Sister den letzten Vorhang fallen. Doch bevor sie das Gebäude verließen, blickte ihr Sänger...

Neuheiten: Ab heute im Plattenladen

The Black Crowes: HAPPINESS BASTARDS "HAPPINESS BASTARDS haben die Black Crowes das neue Album betitelt – als glückliche Bastarde bezeichnen...

Pflichtlektüre

Video der Woche: Leonard Cohen – ›Hallelujah‹

In unserem "Video der Woche" lauschen wir noch einmal...

Cinderellas Gitarrist veröffentlicht erstes Solo-Video

Jeff LaBar, Gitarrist der Band Cinderella, hat das Video...

Das könnte dir auch gefallen
Für dich empfohlen