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Lemmy Kilmister: Er spielte Rock’n’Roll

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Lemmy Kilmister: Er spielte Rock’n’Roll

Diese Alben verkauften sich immer besser, doch der Zenit des Erfolgs kam im Juni 1981, als NO SLEEP ‘TIL HAMMERSMITH – immer noch einer der besten Konzertmitschnitte aller Zeiten – auf Platz 1 der britischen Charts einstieg. Der „Melody Maker“, der sie zuvor als schlechteste Band der Welt bezeichnet hatte, druckte eine euphorische Kritik ab. „Plötzlich waren wir die ultimative Live-Band, aber letzte Woche hatten sie uns noch Fotzen genannt“, staunte Lemmy.

Er hatte außerdem die Theorie, dass …HAMMERSMITH „auch unser To­­des­­urteil ist, denn was macht man nach einem Live-Album, das auf Platz 1 debütiert? Nimmt man einfach noch eins auf?“
Kaum jemand hätte Motörhead als Popstars gesehen, aber die Verkaufszahlen ließen sich nicht von der Hand weisen. Als ihr Bekanntheitsgrad wuchs, sprang auch die Tageszeitung „Daily Mirror“ auf den Tourbus auf. „Ich trinke etwa zwei Flaschen Wodka am Tag und natürlich ein paar Carlsberg Special Brews“, verriet der Frontmann in einer großen Story mit dem Titel „On The Road With Lemmy, Philthy Animal, Fast Eddie And A Bunch Of Dodgy Boilers“. Er fügte hinzu: „Ich bin halb betrunken, wenn ich auf die Bühne gehe, und völlig hacke, wenn ich von ihr zurückkomme. Ich bin in diesem Geschäft, weil ich Rock’n’Roll und Frauen liebe. Wenn du Gitarre spielen kannst, kriegst du jedes Mädchen.“

Das Line-up aus Kilmister, Clarke und Taylor hielt nur noch ein weiteres Album durch, IRON FIST von 1982, bevor der Ex-Thin-Lizzy-Gitarrist Brian Robertson im nächsten Jahr für ANOTHER PERFECT DAY dazustieß. Etwa zu jener Zeit interviewte ich Lemmy zum ersten Mal als nervöser Junior-Journalist. Ehrfürchtig und mit großen Augen machte ich den großen Fehler, laut darüber nachzudenken, ob die Single ›I Got Mine‹ ein Hit werden könnte.

„Das wird sich zeigen, aber darum geht es doch nicht“, erklärte er geduldig, während er in Gedanken die Au­­gen verdrehte. Es sollte die erste von vielen Begegnungen werden, und hoffentlich wurden meine Fragen besser. Ich weiß, dass er es liebte, dass ich meinen ersten Sohn nach ihm benannte – Eddie Lemmy Selhurst Ling. Als sich die Allianz von Robertson und Motörhead als kurzlebig erwies, schien die Zukunft der Band wieder in der Schwebe zu hängen. „Es gab einen Punkt, an dem die Band einen Tag lang nur aus mir und Phil Taylor bestand“, erinnerte er sich. „Und dann stieg Phil auch aus, also war nur noch ich übrig.“

Es ist bemerkenswert, dass Lemmy es als einzige Konstante geschafft hat, seine Truppe vier Jahrzehnte lang auf Kurs zu halten und dabei 22 Studioalben aufzunehmen. „Das Einzige, was ich je erreicht habe, ist Motörhead“, sagte er mir vor fünf Jahren und fügte mit einem bescheidenen Grinsen hin­zu: „Das, und dass ich die Leute davon überzeugt habe, Bass spielen zu können, auch wenn das in Wirklichkeit immer ein Vabanque-Spiel ist. Ich bescheiße viel, you know?“

Lemmy war äußerst zufrieden mit dem letzten Line-up aus Gitarrist Phil Campbell und Schlagzeuger Mikkey Dee, das (abgesehen von Gitarrist Würzels Ausstieg 1995) seit 1992 bestand, und verzweifelte an der Omnipräsenz der Drei Amigos. „Ich versuche, es mir am Arsch vorbei gehen zu lassen. Die Leute können weiter über Phil und Eddie labern, soviel sie wollen, aber ich weiß, dass dies die beste Band ist, in der ich je war, ohne jeden Zweifel. Und unsere jüngsten Alben sind zeitgemäß, weil wir sie eben jetzt machen.“

Wenn er so in Form war, machte es immer großen Spaß, ihn zu interviewen. Dabei nahm er oft einen Schluck aus einer Flasche Jack Daniel’s und Schwaden von Zigarettenrauch waberten durch das Hotelzimmer, während er Luftgitarre und -schlagzeug spielte und die Texte zu einer neuen Platte mit den Lippen formte.

2002 kam es zu einer solchen Gelegenheit, als ich ihn nach einer Listening Session zu HAMMERED fragte, wie es sich anfühlte, Motörheads 20. Studioalbum zu veröffentlichen. (Vielleicht wurden meine Fragen doch nicht besser) „Genauso wie das 19., nur dass das länger her ist, und wie Nr. 21, nur etwas früher“, grinste er. „Es ist eben ein Album, y’know, aber ein gutes. Toller Stoff.“

Wenn man ihn aufziehen wollte, konnte man etwa andeuten, das jüngste Werk klinge ein bisschen vertraut. „Ich hasse es, wenn die Leute sagen, ‚Oh, hier ist mal wieder das übliche Motörhead-Album‘ – das haben wir doch nie gemacht. Etwas ist immer anders“, tobte er auf so eine Anspielung. „Wir experimentieren, aber in­­nerhalb unserer eigenen Parameter, y’know? Und es macht mich immer krank, dass das niemand mitbekommt. Diese Leute sind keine Musikkritiker, sondern einfach nur Schreiberlinge.“

Er hasste auch den Begriff Heavy Metal, mit dem ihn die Presse belegte, und begann jedes Konzert mit den Worten: „We are Motörhead – we play Rock’n’Roll“. Für Trends hatte er auch nichts übrig. In einer der weniger erfolgreichen Phasen der Band wurde an ihn herangetragen, dass sie davon profitieren könnten, als Vorgruppe für die maskierten US-NuMetaller Slip­knot auf Tour zu gehen. „Es käme darauf an, was sie mir zahlen würden, mein Stolz stünde da nicht im Weg – es geht mehr um Verzweiflung“, erwiderte er mit seiner typischen Mischung aus Ehrlichkeit und Unverblümtheit. „Wenn es nach mir ginge, würde ich sie aber nicht mal als Vorgruppe für uns mitnehmen. Sie sind keine Rockband. Sie haben keine Melodien, keine Akkorde oder Refrains. Ich kann nichts Gutes an ihnen finden. Na ja, vielleicht eines – sie sind gut im Verkleiden. Ich komme von den Beatles und Little Richard, sie kommen vom Zirkus. Vielleicht bin ich einfach nur zu alt, um es zu verstehen.“ Auch wenn er seine Meinung später ändern sollte, war sie typisch für Lemmy, der sich seines Platzes im großen Ganzen immer bewusst war. „Die Rockstars von heute sind langweilig. Die meisten dieser Bands hätte man in den 70ern mit Steinen beworfen, sie wären von der Bühne gebuht worden.“

Wenn man danach suchte, gab es aber auch eine verletzliche Seite an ihm. Ich erinnere mich noch gut daran, wie seine Mundwinkel langsam nach oben gingen, nachdem er mir ein Stück Papier mit dem Text zu ›1916‹, dem Titelstück des Major-Label-Debüts von 1991, unter die Nase ge­­halten hatte. Reduziert und verloren, beklagte der Song die Dummheit des Krieges – etwas völlig Neues für Mo­­törhead. Es war ein großartiger Text („I heard my friend cry, and he sank to his knees/Coughing blood as he screamed for his mother/And I fell by his side, and that’s how we died/Clinging like kids to each other“), aber er suchte nach Bestätigung.

Die Fans liebten Lemmy, weil er ein echter Purist war – der Typ, der nicht mal einen Computer besaß. Und mit Idioten machte er kurzen Prozess: In seiner Gegenwart wurden sie ausgeweidet. Nachdem er nichts vergaß, legte man sich auf eigene Gefahr mit ihm an. Seinen eigenen Vater be­­schrieb er als „das kriechendste Stück Abschaum auf dieser Erde, ein Wiesel von einem Mann mit Brille und kahlem Fleck auf dem Kopf“.

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